Der Aargauer Kirchenrat hat 2007 Empfehlungen zur Gewährung kirchlicher Dienste für Nichtmitglieder und deren Entschädigung vorgelegt. Sie sind für die Kirchgemeinden nicht verbindlich, sollen aber eine Richtlinie bilden. Darin wird festgehalten: Die Kirche hat den Auftrag, allen Menschen die Botschaft von Jesus Christus in Form von Verkündigung, Seelsorge und Diakonie weiterzugeben.
Zunehmend gibt es mehr Personen, die nicht Mitglieder der Reformierten Kirche sind und an kirchlichen Feiern wie Trauungen und Abdankungen sowie an Taufen oder kirchlichem Unterricht interessiert sind. Grundsätzlich sollen solche Angebote für alle Menschen, die danach fragen, offen sein. Da kirchliche Handlungen aber immer nur dank der finanziellen Solidarität ihrer Mitglieder möglich sind, sind sie in erster Linie auf die Mitglieder ausgerichtet. Nichtmitglieder können keinen Anspruch darauf erheben.
Es ist daher zunächst die Entscheidung eines Pfarrers oder einer Pfarrerin, ob er oder sie aufgrund eines persönlichen Gesprächs bereit ist, für Nichtmitglieder eine kirchliche Handlung vorzunehmen. Die Kirchenpflege regelt dann die Bedingungen. Dabei geht es – speziell bei Trauungen und Abdankungen – auch aus Gründen der Gerechtigkeit um die Frage von Entschädigungen für Infrastruktur und Personal. Konnte vor Jahren die Kirche noch auf genügend finanzielle Mittel bauen durch die Beiträge der Mitglieder und von daher grosszügig Dienste der Kirche gratis anbieten, so wird der Spielraum dafür kleiner.
Gebühren - Richtwerte mit Augenmass
Kirchliche Handlungen sind zwar keine handelsüblichen Dienstleistungen, da die Dienste der Kirche jedoch von den Steuereinnahmen der Mitglieder finanziert werden, können die Kirchgemeinden für die personellen und infrastrukturellen Kosten von Nichtmitgliedern entsprechende Entschädigungen verlangen. Der Kirchenrat empfiehlt deshalb den Gemeinden, Gebühren nicht nach starren Tarifen zu erheben. Die Gemeinden sollen die individuelle Situation abklären und erst dann allenfalls konkrete Entschädigungen festlegen.
Kirchgemeinden sind auch angehalten, bei der Festlegung ihrer Bedingungen zwischen Mitgliedern einer anderen Kirchgemeinde und Konfessionslosen zu unterscheiden. Reformierte, die bereits an einem anderen Ort ihre Kirchensteuer entrichtet haben, sollten möglichst nicht «ein zweites Mal» für einen Dienst der Reformierten Kirche bezahlen müssen.
Empfehlungen zu einzelnen Amtshandlungen für Nichtmitglieder:
Taufen
Die Taufe ist nach reformiertem Verständnis Zuspruch und Anspruch gleichzeitig: Sie ist Zeichen der bedingungslosen, in Jesus Christus sichtbar gewordenen Vergebung und Liebe Gottes zu allen Menschen. In ihr wird die Zugehörigkeit zu Jesus Christus und zu seiner Gemeinde sichtbar. Wer getauft ist, ist berufen zum neuen Leben in Jesus Christus im Vertrauen auf die Kraft des Heiligen Geistes.
Im Falle der Kindertaufe versprechen die Eltern und allfällige Taufzeugen, dieses Kind in den christlichen Glauben einzuführen. In diesem Bemühen unterstützt die Kirche die Eltern mit ihren Angeboten wie Familien- und Kinderkirche, Religions- und Konfirmationsunterricht und Jugendarbeit.
Die Taufe ist gebührenfrei. Die Kirchenmitgliedschaft des Kindes wird der Einwohnerkontrolle gemeldet und hat die Steuerpflicht des Kindes zur Folge.
Trauungen
Die Trauung ist nach reformiertem Verständnis eine Segnungshandlung. Mit der Trauung ist kein Eintritt in die Kirche verbunden.
Der Gedanke, dass die Bestätigung der Ziviltrauung in der Kirche vor Gott geschieht, soll vom Paar ehrlich mitgetragen werden können. Der Trauungsgottesdienst soll klar als kirchliche Handlung erkennbar sein.
Der Kirchenrat empfiehlt, dass wenn weder Braut noch Bräutigam Mitglied der reformierten Landeskirche sind, ein Unkostenbeitrag von Fr. 1000.- verlangt wird.
In diesem Unkostenbeitrag sollen die Benützung der Kirche, Orgelmusik und Sigristen-/Abwartdienst enthalten sein. Kosten für Blumenschmuck und Benützung von weiteren Räumen können zusätzlich in Rechnung gestellt werden. Je nach finanzieller und sozialer Situation des Brautpaares sollte sich dieser Betrag reduzieren lassen.
Beerdigung/Abdankung
Alle Verstorbenen haben Anrecht auf eine angemessene Bestattung unabhängig von ihrer kirchlichen Zugehörigkeit. Dafür ist die politische Gemeinde zuständig.
Wie bei den andern Kasualien gibt es auch bei der Abdankung keinen Anspruch von Nichtmitgliedern auf eine kirchliche Bestattung. Dies schafft im Fall der Abdankung aber nur dort eine klare Situation, wo weder die oder der Verstorbene noch die Angehörigen der Kirche angehören.
Da aber bei Todesfällen häufig unter Zeitdruck entschieden werden muss und zudem jeder Fall schon aus biographischen Gründen verschieden ist, ist es sinnvoll, gemeindeeigene Leitlinien zu erstellen. Der Kirchenrat empfiehlt dabei folgende Gesichtspunkte zu beachten.
- Abdankung als öffentlicher Gottesdienst
Die Reformierte Kirche Aargau ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und hat öffentliche Aufgaben wahrzunehmen. Nicht zuletzt bei Abdankungen kann die Kirche der Tendenz unserer Kultur zur Privatisierung und Anonymisierung von Leben und Tod entgegen wirken. Angesichts des Todes einer Mitbewohnerin oder eines Mitbewohners soll der Ortsgemeinschaft die Möglichkeit gegeben werden, in einer Feier ihre Trauer auszudrücken und Abschied zu nehmen.
- Wille der oder des Verstorbenen
Haben sich Nichtmitglieder zu Lebzeiten eine kirchliche Abdankung ausdrücklich verbeten, so ist dieser Wunsch grundsätzlich zu respektieren. Sollten die Angehörigen dennoch auf einer kirchlichen Abdankung bestehen, wäre mit ihnen zusammen das Pro und Kontra sorgfältig abzuwägen und allenfalls Alternativen aufzuzeigen.
- Wünsche der Angehörigen
Mit Trauernden soll in der schwierigen Zeit des Abschiednehmens seelsorgerlich und behutsam umgegangen werden. Falls die gewünschte Amtshandlung verweigert wird, soll dies einfühlsam und plausibel begründet werden.
- Kosten und Gebühren
Im Fall der Gewährung einer kirchlichen Abdankung empfiehlt der Kirchenrat einen Unkostenbeitrag von Fr. 1000.- zu verlangen, in Analogie zu den Trauungen. Je nach finanzieller und sozialer Situation der Verstorbenen und/oder deren Angehörigen und den Vereinbarungen mit der politischen Gemeinde sollte sich dieser Betrag entsprechend reduzieren lassen.
Die AbdankungKirchlicher Unterricht und Konfirmation
Ziel des reformierten Unterrichts ist es, die Jugendlichen in ihren religiösen Kompetenzen zu fördern, insbesondere die Auseinandersetzung mit dem christlichen Glauben zu ermöglichen und die Fähigkeiten zu fördern, für ihr Leben hilfreiche Antworten zu suchen und zu finden. Es ist grundsätzlich ein Privileg, mit jungen Menschen arbeiten zu dürfen. Sie sind uns in besonderem Masse anvertraut. Der Kirchenrat empfiehlt im Umgang mit jungen Menschen eine offene und grosszügige Haltung.
Viele Eltern sind sich nicht bewusst, dass der Religionsunterricht durch die Kirche finanziert wird. Sofern ein Kind zum Unterricht angemeldet wird, sollen für die Schülerin, den Schüler die gleichen Pflichten und Rechte gelten wie für alle anderen. Im Gespräch mit Nichtmitgliedern, die ihre (getauften oder ungetauften) Kinder in den Religionsunterricht schicken wollen, sollen daher auch die Erwartungen und Verpflichtungen miteinander besprochen werden. Der Kirchenrat empfiehlt den kirchlichen Unterricht und den Konfirmationsunterricht für alle Schülerinnen und Schüler kostenlos durchzuführen, solange dies aufgrund der betreffenden Zahlen möglich und verhältnismässig ist. Lediglich für ein Konfirmationslager sollte die Kirchgemeinde aus Gründen der Gleichbehandlung mit den steuerzahlenden Familien eine Rechnung stellen, wenn weder Eltern noch der oder die Jugendliche Mitglied der reformierten Kirche sind. Empfohlen werden hierbei die effektiven Unkosten pro teilnehmender Person (je nach finanzieller Situation der Familie sollte sich dieser Betrag reduzieren lassen).
Will sich eine Jugendliche oder ein Jugendlicher zum Abschluss des kirchlichen Unterrichts konfirmieren lassen, so muss er oder sie gemäss Kirchenordnung nicht unbedingt Mitglieder der reformierten Kirche sein.