Der Regierungsrat und die Landeskirchen des Kantons Aargau geben jedes Jahr zum Eidgenössischen Bettag abwechselnd einen Aufruf an die Aargauer Bevölkerung heraus. In diesem Jahr hat der Aargauer Regierungsrat den Text des Bettagsmandats verfasst.
Rund 630'000 Menschen sind heute in unserem Kanton zu Hause. Für sie ist der Aargau Heimat. Sie leben, wohnen, arbeiten hier. Unser Kanton ist in den letzten Jahren stark gewachsen. Was sind die Gründe für diese Entwicklung? Weshalb gefällt es immer mehr Menschen hier? Was unterscheidet den Aargau von andern Regionen in der Schweiz und im Ausland? Was macht unseren Kanton für seine Bewohnerinnen und Bewohner zur Heimat?
Der Aargauer Regierungsrat hat im Frühling dieses Jahres sein Entwicklungsleitbild aktualisiert und den Blick ins nächste Jahrzehnt gerichtet. Er nahm eine Standortbestimmung für den Kanton vor und befasste sich auch intensiv mit den Bedürfnissen, Erwartungen und Perspektiven der hier lebenden Menschen. Der Regierungsrat suchte und fand bei der Entwicklung seines Leibildes auch Antworten auf die Fragen nach dem Wesen und dem Speziellen unseres Kantons sowie den Gründen für das starke Wachstum.
Der Aargau ist ein attraktiver Lebens-, Wohn-, Arbeits- und Wirtschaftsraum. Die Menschen finden hier – anders als in den grossen umliegenden Zentren – vergleichsweise günstige Wohnungen und Häuser in einem lebens- und familienfreundlichen Umfeld. Sie schätzen die zahlreichen Naherholungsräume und gut erreichbaren Naturgebiete. Der Kanton ist vom privaten und öffentlichen Verkehr her bestens erschlossen. Die meisten Menschen finden im Aargau Arbeitsstellen, die ihnen Befriedigung und Einkommen bringen. Das Bildungswesen oder die Gesundheitseinrichtungen können sich genauso sehen lassen wie zum Beispiel das Kultur-, Sport- oder Freizeitangebot.
Den Menschen im Kanton Aargau geht es – im Vergleich zu vielen andern Orten auf der Welt – gut. Davon zeugen auch jene Mitmenschen, die aus wirtschaftlichen Gründen oder weil sie an Leib und Leben bedroht sind bei uns Asyl- oder Bleiberecht suchen. Sie machen uns das Privileg bewusst, in der Schweiz, und besonders im Kanton Aargau, unter verhältnismässig komfortablen und sicheren Umständen leben zu können. Dass wir hier bei uns Wohlstand, Wohlfahrt und Wohlergehen geniessen dürfen, ist sicher ein guter Grund, am Eidgenössische Dank-, Buss- und Bettag, Dankbarkeit zu zeigen und diese im Bettagsmandat des Regierungsrats zum Ausdruck zu bringen.
Aus Geschichte und Erfahrung wissen wir aber, dass unsere wirtschaftlichen, politisch-demokratischen und gesellschaftlichen Errungenschaften nicht selbstverständlich sind, sondern vielmehr immer wieder mit Arbeit, Einsatz, Willen, Innovationskraft oder Phantasie neu bestätigt, gefestigt und errungen werden müssen. Und wir wissen, dass auch bei uns die Bäume nicht in den Himmel wachsen: Auch wenn es uns verhältnismässig gut geht, so haben wir doch aktuell und künftig verschiedene Herausforderungen zu bewältigen. Dazu gehört unter anderem, den Einklang von Fortschritt und Nachhaltigkeit zu finden. Wachstum und Entwicklung führen zu Wohlstand und Prosperität, bedeuten aber oft auch Belastung für Umwelt und Infrastruktur oder Zersiedelung der Landschaft.
Der Regierungsrat will mit gezielten Massnahmen, Projekten und Programmen diese Herausforderungen aktiv angehen. Er kann Rahmenbedingungen schaffen. Um jedoch Erfolg und Wirkung erzielen zu können, braucht es vor allem das Engagement der Menschen im Aargau. Dass sie weiterhin Initiative entwickeln und Eigenverantwortung wahrnehmen. Dass sie wie bisher die ihnen bei uns gebotenen Freiheiten und Möglichkeiten zur eigenen Lebensgestaltung nutzen. Und dass sie sich auch in Zukunft mit Innovationskraft und Solidarität zum Wohle der Allgemeinheit, der Mitmenschen einsetzen.
Der Regierungsrat will den Menschen im Aargau das Machen ermöglichen und stellt deshalb sein Entwicklungsleitbild unter den Leitgedanken «Menschen machen Zukunft». Der Regierungsrat hofft, dass mit ihm zusammen weitere konstruktive Kräfte den Menschen im Aargau Räume und Möglichkeiten zum Machen und Mitmachen öffnen. In diesem Zusammenhang ist besonders das Wesen und Wirken der Landeskirchen und anderer religiöser Gemeinschaften zu würdigen. Sie stehen für Werte wie Menschlichkeit, Anteilnahme, Integration und Zusammengehörigkeit. Traditionelle christliche Werte, die auch für einen modernen, säkularen Staat wie den Kanton Aargau nach wie vor ein solides ethisches Fundament bilden. Werte, die mithelfen, die Menschen zu einer aktiven, innovativen und gemeinschaftlich ausgerichteten Lebensgestaltung zu motivieren.
Der Regierungsrat dankt allen Menschen und Institutionen im Kanton für ihr bisheriges und künftiges Engagement in dieser Richtung und freut sich darauf, mit den 630'000 Aargauerinnen und Aargauern «Zukunft machen» zu können.