Bericht von der Synode am 4. Juni 2003 in Thalheim

Eine neue Schlichtungsstelle und viele Geschäfte

Veröffentlicht am 4. Juni 2003

Medienmitteilung – Die Synode der Reformierten Landeskirche Aargau hat am 4. Juni in Thalheim neben der Verteilung des Ertragsüberschusses der Rechnung 2002 die Neuorganisation des innerkirchlichen Rechtsweges in erster Lesung beraten und drei Grundsatzentscheide getroffen. Als neues Mitglied des Rekursgerichtes wurde der Bezirksamtmann von Zurzach, lic.iur. Frank Gantner, gewählt.

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Synode am 4. Juni 2003 in der Turnhalle Thalheim F. Worbs

Nach einem mit kritischen Fragen und Änderungsanträgen gespickten Einstiegsvotum von Franziska Zehnder im Namen der Geschäftsprüfungskommission (GPK) folgten die 169 anwesenden Synodalen einstimmig ihrem Antrag, die Vorlage zur Neuorganisation des innerkirchlichen Rechtsschutzes nur in einer ersten Lesung zu diskutieren und drei Grundsatzfragen zu entscheiden.
Einstimmig beschloss die Synode, dass auch vermögensrechtliche Streitigkeiten künftig in jedem Fall innerkirchlich entschieden werden sollen. Dazu wird im neuen Reglement die Möglichkeit des Klageverfahrens neben dem bestehenden Beschwerdeverfahren eingerichtet. Mit knapper Mehrheit hat die Synode dem Wunsch des Kirchenrates entsprochen und diesen als Entscheidungsinstanz auch im Klageverfahren bestimmt. Das Rekursgericht bleibt in allen Fällen zweite Instanz.
Als neue vorgelagerte Instanz soll eine Schlichtungskommission eingerichtet werden, die Streitigkeiten nach Möglichkeit einvernehmlich regelt, bevor sie auf den offiziellen Rechtsweg gelangen. Beschwerden und Klagen sollen in Zukunft zuerst der noch einzurichtenden Schlichtungsstelle vorgelegt werden. Erst wenn die klagende Partei mit dem Spruch der Schiedsstelle nicht zufrieden ist, kann sie den weiteren Rechtsweg betreten. Die Schlichtungskommission soll von der Synode gewählt werden, so wie auch die Friedensrichterinnen und -richter vom Volk bestimmt werden. Im November will die Synode den neuen Rechtsweg verabschieden.
Da die langjährige Aktuarin der Rekurskommission, Ursula Padrutt, zurück getreten ist, hat die Synode mit 166 von 167 Stimmen den Amtmann des Bezirks Zurzach, den 43-jährigen Juristen Frank Gantner aus Aarau in die Rekurskommission gewählt.

Die Verteilung des Ertragsüberschusses

Die Rechnung 2002 der Zentralkasse der Landeskirche ergab bei einem Gesamtvolumen von 11'813'141Franken einen Ertragsüberschuss von 339'785 Franken. Der Kirchenrat beantragte der Synode, davon 80'000 Franken für den Veranstaltungsfonds, 160'000 zu Gunsten der Ausgleichskasse für steuerschwache Gemeinden und Fr. 79'785.30 als Einlage ins Eigenkapital zu verwenden. Denn der ebenfalls vorgelegte Finanzplan 2003 – 2006 rechnet bis 2006 bei gleich bleibendem Zentralkassenbeitrag der Kirchgemeinden von 2,4% mit nur geringen Steigerungen der Einnahmen um 93'000 Franken oder 0,8 %. Die Ausgaben verbleiben auf dem Niveau von 2003.
Verena Lüscher kritisierte im Auftrag der kantonalen Kommission Oekumene, Mission und Entwicklungszusammenarbeit, dass die Gelder aus dem Ertragsüberschuss fast vollständig in der Schweiz bleiben sollten. Sie beantragte deshalb, 40‘000 Franken für internationale Unterstützung zu vergeben: je 10'000 Franken für Brot für alle, HEKS, mission 21 und für die Nothilfe nach dem Krieg im Irak. Die Synode nahm diesen Vorschlag an, ging aber bei Lüschers zweiten Antrag von 40‘000 Franken für die Von-Effinger-Stiftung noch bedeutend weiter. Sie folgte der Empfehlung von Pfr. Max Hartmann, Brittnau, und bewilligte für die beiden Häuser der Stiftung – den Effingerhort in Holderbank (33 Plätze) und die Klinik für Suchtkranke im Hasel in Gontenschwil (42 Plätze) – 100'000 Franken als einmaligen Beitrag an die anstehenden Sanierungsprojekte in Höhe von 11,7 Millionen Franken. Da die Synode die zusätzlichen 140'000 Franken Beiträge von der Einlage in die Gemeindeausgleichskasse abzog, blieben dafür nur noch 20'000 Franken übrig.
Zu einem unerwarteten Geschenk kam die Zentralkasse, weil die Synodale Akke Goudsmit eigentlich die 80‘000 Franken vom Überschuss, die als Einlage ins Eigenkapital vorgesehen waren, für die genannten Beiträge verwenden wollte. Besagte Einlage belief sich aber nur auf Fr. 79'785.30, und so brachte Akke Goudsmit den fehlenden Betrag von Fr. 214.70 gleich in bar mit und übergab sie in einem Couvert dem Synodebüro. Da die Beiträge aber nicht aus der Einlage ins Eigenkapital finanziert wurden, durfte der Kirchenrat die aufgerundeten 80'000 Franken in die Rückstellungen legen. Die anderen Beiträge sowie 20'000 Franken für zwei kirchliche Institutionen wurden nicht in Frage gestellt. Mit diesen Korrekturen wurde die Rechnung schliesslich einstimmig genehmigt.

Die weiteren Geschäfte

Am späteren Nachmittag wurde die Neuordnung des Kirchlichen Religionsunterrichts an heilpädagogischen und privaten Schulen im Kanton Aargau diskussionslos und einstimmig genehmigt. Sie sieht eine neue einheitliche Regelung vor. Am Grundsatz, dass die Wohnortskirchgemeinden der betreffenden Kinder für die PH-Angebote zuständig sind, wird festgehalten. Die Landeskirche möchte ab 2004 in den betreffenden Institutionen keinen Unterricht mehr finanzieren. Die Standortkirchgemeinden werden ermutigt und unterstützt, den bestehenden Unterricht zu übernehmen und weiterzuführen oder neu einzurichten. Dazu können sie von den Kirchgemeinden, aus denen die Schülerinnen und Schüler kommen, Beiträge an die Finanzierung des Unterrichts verlangen.
Ebenfalls ohne grosse Diskussionen wurde das revidierte Konkordat der Deutschschweizer Kirchen zur Ausbildung und Zulassung von Pfarrerinnen und Pfarrern im Kirchendienst ratifiziert. Es berücksichtigt die Bologna-Beschlüsse der europäischen Bildungsdirektoren im Bereich der theologischen Ausbildung und erkennt die europäische Standardisierung der Studiengänge und die grössere Durchlässigkeit für Studierende aus dem Ausland an.

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Synodegottesdienst in der Kirche Thalheim F. Worbs

Kirchliche Familienpolitik

Zum Abschluss der mehr als sechsstündigen Sitzung begründete der Synodale Paul Salm aus Zuzgen drei Motionen zur stärkeren Förderung der Familienpolitik in der Aargauer und den Schweizer reformierten Kirchen. Kirchenratspräsidentin Claudia Bandixen betonte in ihrer Antwort, dass Familie ein zentrales Thema für den Kirchenrat und die reformierte Kirche sei – auch im Arbeitsprogramm für die neue Amtsperiode. Sie wies auf die breite Tradition der reformierten Aargauer Kirche bei der Unterstützung von Familien durch Beratungsstellen oder soziale Angebote bei der Kinderbetreuung hin. Auch die zunehmenden finanziellen Probleme vieler Familien würden unter dem Titel «neue Armut» im Arbeitsprogramm aufgenommen. Allerdings verstehe der Kirchenrat das Thema komplexer und umfassender als der Motionär. Sie machte deshalb einen Vorschlag, wie der Kirchenrat zwei der Motionen in modifizierter Form entgegen nehmen könne. Der Motionär stimmte der modifizierten Form zu. Die dritte Motion, die sich auf andere Schweizer Landeskirchen bezog, wurde von der Synode einstimmig nicht überwiesen.

verfasst von
ria / Frank Worbs