Taufen können in einem individuellen, persönlichen Gottesdienst stattfinden, Eltern sind bei der Wahl der Taufpaten frei, und Gottesdienste müssen nicht mehr an jedem Sonntag stattfinden. Das hat die Synode an der Sitzung am 2. Juni im Trafo Baden beschlossen. Neben der Rechnung 2020 ging es um Änderungen im Wahlrecht und eine Notrechtsklausel in der Kirchenordnung. Auf die beantragte Änderung bei der Finanzierung der kirchlichen Werke wollte die die Synode allerdings gar nicht erst eintreten.
Die neuen Bestimmungen zu Gottesdienst und Taufe in der Teilrevision der Kirchenordnung sollen den Kirchenpflegen grössere Spielräume bei der Gestaltung und Anzahl der Gottesdienste geben, um besser auf die spirituellen Bedürfnissen und Gewohnheiten der Menschen heute eingehen zu können. Durch Zusammenlegung von Gottesdiensten und vertragliche Zusammenarbeit mit Nachbargemeinden können die Kirchgemeinden die personellen und finanziellen Ressourcen gezielter einsetzen.
Birgit Wintzer unterstützte im Namen der Geschäftsprüfungskommission die Vorlage, obwohl die Meinungen über einzelne Punkte in der GPK durchaus kontrovers seien, und plädierte für Eintreten. Christian Bieri erläuterte im Namen des Kirchenrats die neuen Regeln und ging auf einzelne Bedenken zu den geplanten Lockerungen bei den Taufen ein.
Mehr Freiheiten für die Eltern bei der Taufe
In der Diskussion kamen die im Vorfeld geäusserten Bedenken gegen die Änderungen bei der Taufe allerdings kaum zu Wort. So war die neue Regelung, dass Eltern die Taufpaten frei wählen können, egal ob sie konfessionslos sind oder einer anderen Religion angehören, unbestritten. Die bisher in der Kirchenordnung stehende Pflicht, dass die Taufpaten einer christlichen Konfession angehören müssen, entfällt.
Nur bei der neuen Möglichkeit, dass Taufen in individuellen, persönlichen Gottesdiensten mit Verwandten und Freunden der Familie, sogenannten Kasualgottesdiensten, wurde eine Ergänzung der Evangelischen Fraktion gutgeheissen: Die Taufe soll «in der Regel» in einem Gemeindegottesdienst stattfinden, kann aber auch in einem speziellen Gottesdienst an jedem Wochentag und geeigneten Ort vollzogen werden.
Weniger Gottesdienste am Sonntag dafür während der Woche
Die Änderungen bei den Gottesdiensten waren unbestritten: Die Kirchenpflege kann neu beschliessen, dass der Gemeindegottesdienst statt am Sonntag bis zu zwölf Mal pro Jahr an einem Werktag stattfindet und zwei Mal pro Jahr ganz ausfallen kann. Sechs Mal pro Jahr kann er mit einer anderen reformierten Kirchgemeinde zusammenlegt werden. Darüber hinaus gehende Zusammenarbeit mit Nachbargemeinden muss von der Kirchgemeindeversammlung beschlossen und in einem Zusammenarbeitsvertrag festgehalten werden.
Wer darf einen Gottesdienst leiten?
Hans Emanuel Jakob beantragte im Namen der Fraktion Lebendige Kirche, dass auch Sozialdiakoninnen und -diakone ohne Laienpredigerausbildung «weitere Gottesdienste», also z.B. in Altersheimen, in Ferienlagern oder für Kinder leiten können. Ausserdem sollen sie auch die Feier des Abendmahls leiten können – immer mit Zustimmung des Pfarramts. Denn die theologische Verantwortung für die Gottesdienste liegt auch weiterhin bei den Pfarrerinnen und Pfarrern.
Die Synode stimmte beiden Ergänzungen mit grosser Mehrheit zu, lehnte aber den Antrag von Jürg Luchsinger und der Evangelischen Fraktion ab, die Einschränkungen gleich ganz zu streichen und den Pfarrämtern die Freiheit zu geben, alle «geeigneten Personen» dafür einzusetzen. Ruth Kremer betonte, dass diese Einschränkungen signalisieren, dass es für die Leitung eines Gottesdienste oder Abendmahls spezielle Kompetenzen und eine entsprechende Ausbildung brauche.
Änderungen des Wahlrechts: Ausschlusskriterien erweitert
Aufgrund der Erfahrungen bei den 2018 durchgeführten Gesamterneuerungswahlen für Kirchenpflegen und Synode hat der Kirchenrat eine Teilrevision des Wahlrechts vorgelegt, die einige Unklarheiten und Mängel beheben soll. Nebst verwandtschaftlichen Beziehungen gibt es neu weitere Gründe, die bei der Ausübung von Aufgaben und Ämtern zu Interessenkonflikten und damit zur Nichtvereinbarkeit führen können.
Über die neue Regelung, dass Arbeitsverhältnisse von mehr als 20 % nicht mehr mit dem Amt eines ehrenamtlichen Mitglieds der Kirchenpflege vereinbar sind, gab es dann allerdings mehr Diskussionen als über das ganze Thema Gottesdienst und Taufe. In einigen kleineren Kirchgemeinden ist es gemäss Aussage einiger Synodaler offensichtlich üblich, dass auch Angestellte mit grösseren Pensen als 20% in die Kirchenpflege gewählt werden. Für diese Gemeinden werde es schwierig, genügend Interessenten für die Kirchenpflege zu finden. Marc Siegrist und Rudolf Füchslin verlangten deshalb eine Lockerung dieser neuen Regel, was die Synode aber mit grosser Mehrheit ablehnte.
Sie lehnte auch den Antrag von Peter Debrunner ab, nicht nur den gemeinsamen Einsitz von Verwandten und Ehepaaren in kirchlichen Gremien zu verbieten, sondern diese Regel auch auf Personen in nichtehelichen Partnerschaften auszudehnen. Kirchenrätin und Juristin Catherine Berger, die das Geschäft für den Kirchenrat vertrat, erklärte offensichtlich überzeugend, wie schwierig eine eindeutige juristische Regelung dieser Frage sei, auch wenn der Kirchenrat im Grundsatz das Anliegen teile.
Änderung der minimalen Finanzierung der kirchlichen Werke abgelehnt
War die Synode bis dahin meistens den Anträgen des Kirchenrats gefolgt, so zeigte sich bei der beantragten Aufhebung des Reglements über «die minimale Finanzierung der Werke der Mission und Entwicklungszusammenarbeit» (SRLA 722.300) überraschend deutlicher Widerstand. Das vor zwanzig Jahren beschlossene Reglement sieht einen festen Beitrag von mindestens fünf Prozent des Zentralkassenertrags für die kirchlichen Werke vor und verhindere so flexible Anpassungen an eine veränderte finanzielle Situation der Landeskirche, wie Kirchenrat Gerhard Bütschi erklärte.
Da noch andere Fragen auch zu einem entsprechenden Passus in der Kirchenordnung, der nicht zur Diskussion stand, offen waren, plädierten Elisabeth Kistler im Namen der GPK und weitere Synodale für Nichteintreten auf das Geschäft. Die Voten und die anschliessende grosse Mehrheit für das Nichteintreten zeigten, dass man zwar bereit sei, über die angemessene Höhe der Beiträge oder eine flexiblere Gestaltung zu diskutieren, dass man aber auch weiterhin einen Grundsatz wie in diesem Reglement über die Beiträge der Landeskirche an die kirchlichen Werke wünsche.
Befugnisse des Kirchenrats in ausserordentlichen Situationen
Einiges zu diskutieren gab auch der Antrag, die Kirchenordnung um eine «Notrechtsklausel» zu ergänzen, damit der Kirchenrat in ausserordentlichen Situationen befristete Massnahmen ergreifen kann, um das kirchliche Leben aufrechtzuerhalten und die Erfüllung der kirchlichen Aufgaben vorübergehend in angepasster Form zu ermöglichen. Kirchenrat Beat Maurer blickte zur Erklärung dieses Anliegens auf den Ausnahmezustand zurück, den die Schweiz seit Ausbruch der Pandemie im Frühjahr 2020 erlebt hatte und der auch das kirchliche Leben erheblich beeinträchtigte. Der Kirchenrat musste viele Entscheidungen über Ausnahmen von der Kirchenordnung und anderen Reglementen fällen, für die er eigentlich keine gesetzliche Grundlage hatte. Mit einer «Notrechtsklausel», wie sie auch die Kantons- und die Bundesverfassung enthalten, soll der Kirchenrat diese Befugnisse für mögliche weitere «ausserordentliche Situationen» erhalten.
Das unterstützte auch Michael Brücker im Namen der GPK, während einige Synodale Bedenken gegen die damit verbundene Machterweiterung für den Kirchenrat äusserten. Peter Debrunner stellte im Namen der Evangelischen Fraktion sogar einen Rückweisungsantrag, der aber mit grosser Mehrheit abgelehnt wurde, genauso wie einige Detailänderungen des vorgeschlagenen neuen Paragrafen 108a. In der Schlussabstimmung wurde die Notrechtsklausel in der Kirchenordnung wie vom Kirchenrat beantragt mit nur einzelnen Gegenstimmen angenommen.
Rechnung 2020 diskussionslos genehmigt
Dass Synodepräsident Lucien Baumgaertner die Synode trotz der ausführlichen Diskussionen schon nach fünf Verhandlungsstunden beenden konnte, kam auch daher, dass die Rechnung 2020 der Zentralkasse der Reformierten Landeskirche und der Jahresbericht 2020 praktisch diskussionslos durchgewunken wurden. Der geplante zusätzliche Sitzungstermin am 5. Juni wird nicht benötigt. Die Rechnung fiel allerdings auch deutlich besser aus als budgetiert und schloss mit einem unerwarteten Ertragsüberschuss von 320 772 Franken bei einem Gesamtumfang von 11 064 647 Franken ab. Der Ertragsüberschuss wurde dem Eigenkapital zugewiesen.
Rücktritt von Kirchenrätin Regula Wegmann
Am Schluss der Sitzung teilte Kirchenratspräsident Christoph Weber Berg im Rahmen der Informationen aus dem Kirchenrat zu seinem ausdrücklichen Bedauern mit, dass Kirchenrätin und Vizepräsidentin Regula Wegmann ihren Rücktritt aus dem Kirchenrat angekündigt habe. Sie sei seit Januar dieses Jahres mit gesundheitlichen Problemen konfrontiert und da sich keine baldige Besserung abzeichne, habe sie beschlossen, ihr Amt als Kirchenrätin nach neuneinhalb Jahren in der Exekutive per Ende 2021 niederzulegen.
Bilder von der Synode auf dem neuen Flickr-Account der Landeskirche