Kirchenrat überzeugend wiedergewählt und neues Lohnsystem für alle kirchlichen Mitarbeitenden einstimmig verabschiedet

Bericht von der Synode in Brugg-Windisch am 1. Juni 2022

Veröffentlicht am 1. Juni 2022

Das wichtigste Geschäft der über sechsstündigen Synode vom1. Juni , das neue einheitliche Lohnsystem für alle kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter war überraschenderweise völlig unbestritten. Ebenso die Wiederwahl aller Kirchenratsmitglieder und die Genehmigung der Rechnung 2021. Ausserdem bewilligten die 137 Synodalen im Campussaal Brugg-Windisch einen neuen Innovationsfonds, die Mitwirkung am geplanten Deutschschweizer Jugendkirchentag und eine Motion zu Taufe und Kirchenzugehörigkeit.

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Am Anfang der Synode nimmt Synodepräsident Lucien Baumgaertner sechs neue Synodale in Pflicht. Frank Worbs

Vor den anstehenden Wahlgeschäften nimmt Synodepräsident Lucien Baumgaertner sechs neue Synodale in Pflicht. An der Sommersynode im letzten Jahr einer Amtsperiode stehen gemäss Kirchenordnung die Gesamterneuerungswahlen der sechs Mitglieder und des Präsidiums des Kirchenrats an. Nachdem sich alle bisherigen Mitglieder und der Präsident für eine Wiederwahl zur Verfügung stellten und keine Gegenkandidaturen angemeldet wurden, wurden alle Kandidierenden mit mindestens 90 Prozent der Stimmen wiedergewählt. Kirchenratspräsident Pfr. Dr. theol. Christoph Weber-Berg erhielt 123 von 136 Stimmen. Als Mitglieder wurden wiedergewählt: Catherine Berger, Vizepräsidentin (131 Stimmen), Pfr. Christian Bieri (129), Gerhard Bütschi (125), Rolf Fäs (133), Sozialdiakon Beat Maurer (133) und Barbara Stüssi-Lauterburg (131).

Auch die vier Mitglieder des Rekursgerichts wurden mit über 95 Prozent der Stimmen wieder- bzw. Pfr. Rudolf Gebhard neu gewählt sowie die beiden Ersatzmitglieder, von denen Andreas Urech neu ist. Der Präsident des Rekursgerichts, Frank Gantner, Kirchenpflegepräsident der Kirchgemeinde Aarau, erhielt bei seiner Wiederwahl 100 Prozent der 135 Stimmen.

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Synodepräsident Lucien Baumgaertner (li.) beglückwünscht die wiedergewählten Kirchenratsmitglieder und den Präsidenten zu ihrer Wahl. (Catherine Berger fehlt an der Synode aus gesundheitlichen Gründen.) Frank Worbs

Wer soll Beiträge für innovative Projekte beantragen können?

Bei der Beratung des Fonds für Innovationsprojekte der Kirchgemeinden kam die Diskussion dann schnell in Schwung, auch wenn das Anliegen bzw. der Innovationsfonds grundsätzlich unbestritten waren. Nur eine Synodale fand, dass man die als Einlage geplanten 300 000 Franken doch lieber direkt den Kirchgemeinden auszahlen sollte. Andreas Graber setzte im Namen der Evangelischen Fraktion nach ausführlicher Diskussion eine wichtige Änderung bei den Anspruchsberechtigten durch: «Mitglieder der Kirchgemeinden», nicht nur «Kirchenpflegen», wie es der Kirchenrat vorgeschlagen hatte, sollen finanzielle Beiträge für ihre innovativen Projekte beantragen können.

Damit dies nicht einfach an den Kirchenpflegen der betroffenen Kirchgemeinden vorbei oder gegen ihren Willen geschehen kann, wollte Christian Vogt durch eine Ergänzung sicherstellen, dass diese zu dem Gesuch angehört werden müssen. Beide Änderungen wurden mit deutlichem Mehr angenommen. Nur die Aufstockung der Kommission, die die Gesuche beurteilt, von drei auf fünf Personen fand keine Mehrheit in der Synode.

Dass es mit dem Geld allein nicht getan ist, betonte auch Kirchenratspräsident Christoph Weber-Berg in seinem Eingangsvotum. Aber die reformierte Kirche habe viele Menschen, die Neues ausprobieren und Veränderungen einführen wollten. Ihre Anliegen sollen nun auch finanziell unterstützt werden. Zum Schluss bewilligte die Synode den – wie es GPK-Mitglied Roland Frauchiger nannte – «finanziellen Turbo für den Experimentierartikel der Kirchenordnung» fast einstimmig.

Neues einheitliches Lohnsystem für alle Mitarbeitenden der Kirche

Angesichts des grundlegenden Systemwechsels im neuen, einheitlichen Lohnsystem für alle Mitarbeitenden der 75 Aargauer Kirchgemeinden und der Landeskirche war es für alle Beteiligten überraschend, dass es praktisch keine inhaltlichen Diskussionen gab. Nur drei sprachliche Korrekturen und Ergänzungen wurden aufgrund der Anträge der Synodalen Martina Cotti-Gaiser aufgenommen. Das neue Lohnsystem wird ab 2023 die vielen auf einzelne Berufsgruppen bezogenen und historisch gewachsenen Lohnreglemente ersetzen. Es berücksichtigt bei der Ersteinstufung nur noch das Lebensalter und nicht mehr die Erfahrung oder die Berufsjahre. Der Lohn steigt dann für alle Berufsgruppen gleich in 25 Stufen regelmässig an.

Ausserdem werden nicht mehr für alle Funktionen Mindestlöhne festgelegt, sondern es wird zwischen Richtlöhnen und Mindestlöhnen unterschieden. Mindestlöhne gelten für Funktionen, die eine kirchliche Ausbildung und Beauftragung voraussetzen und für die kein Stellenmarkt ausserhalb der Kirche besteht. Richtlöhne gelten für Funktionen, die keine kirchliche Ausbildung und Beauftragung voraussetzen und für die auch ausserhalb der Kirche ein Stellenmarkt besteht.

Dass die Vorlage, die von Henry Sturcke im Namen der Geschäftsprüfungskommission, GPK, als «gut ausgearbeitet und verständlich» gelobt wurde, so schlank durch die Synode ging, liege auch an dem breiten und langen Partizipationsprozess mit Vernehmlassungen und Berücksichtigung von Einwänden und Kritik, wie Sturcke ausführte. Ausserdem bleiben bisherige Besitzstände für eine Amtsperiode, also in den nächsten vier Jahren, gewahrt, was den Kirchgemeinden voraussichtlich einige Mehrkosten bescheren wird. Auf die Frage, ob die Einstufung nach Alter wirklich gerecht sei, antwortete Christoph Weber-Berg im Namen des Kirchenrats, dass es kein für alle absolut gerechtes Lohnsystem gebe und dass «das Alter immer noch das beste aller ungeeigneten Kriterien» sei.

Ertragsüberschuss für neuen Innovationsfonds und kirchliche Jugendarbeit

Die Rechnung 2021 der Zentralkasse der Reformierten Landeskirche ist um eine halbe Million Franken besser ausgefallen als budgetiert, stellte Stefan Siegrist im Einstiegsvotum der GPK erfreut fest. Er wies allerdings auch auf einige kleinere Budgetüberschreitungen hin und fragte nach den Kontrollmechanismen. Bei einem Aufwand von 10 554 281 und einem Ertrag von 10 994 468 schliesst die Rechnung mit einem unerwarteten Ertragsüberschuss von 440 187 Franken ab. Budgetiert war ein Aufwandsüberschuss von 56 120 Franken.

Mit 300 000 Franken aus dem Überschuss wird der neue, vorgängig bewilligte Innovationsfonds gestartet, 100 000 Franken fliessen in die Rückstellung für kirchliche Jugendarbeit. Der restliche Überschuss wird den Rückstellungen für Veranstaltungen und für den Ausgleich des Zentralkassenbeitrags gutgeschrieben. Die Rechnung und die Verwendung des Überschusses wurden von der Synode einstimmig genehmigt.

Die Rückstellung für Jugendarbeit steht im Zusammenhang mit einem alle zwei Jahre geplanten Deutschschweizer Jugendkirchentag. Er soll von einem kirchlichen Verein organisiert werden, dem die Aargauer Landeskirche – so ein weiterer Beschluss der Synode am Mittwoch – beitreten wird. Das Projekt wird von der Deutschschweizer Kirchenkonferenz finanziert, die von der Aargauer Landeskirche jedes Jahr über 90 000 Franken erhält. Der Jugendkirchentag soll im November 2024 in Zürich starten und dann alle zwei Jahre reihum in fünf Regionen der deutschsprachigen Schweiz stattfinden. Im Aargau beziehungsweise der Nordwestschweiz ist er für 2030 geplant.

Im Zusammenhang mit der Genehmigung der Rechnung 2021 der Zeitung «reformiert.» Aargau, die mit einem Ertragsüberschuss von 101 043 Franken abschliesst, reichte die Synodale Sandra Campacci eine Motion ein, die eine Reduktion des Abonnementspreises für die Kirchgemeinden fordert. Die Behandlung der Motion wird im November 2022 traktandiert.

Weitere Geschäfte und ein Grusswort der höchsten Reformierten

Die Ratspräsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz, Pfrn. Rita Famos, richtete vor der Mittagspause ein Grusswort an die Synodalen: Im Blick auf Pfingsten sei das Hören auf den Heiligen Geist wichtig, aber genauso das aufeinander Hören und miteinander Streiten, um gemeinsam zukunftsfähige Lösungen zu finden.

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Die Ratspräsidentin der Ev.-ref. Kirche Scheiz, Pfrn. Rita Famos, richtet vor dem Mittag ein Grusswort an die Synodalen aus. Frank Worbs

Der Besoldungsindex für die Mindestlöhne der Mitarbeitenden der Kirchgemeinden und der Landeskirche soll 2023 unverändert bei 110.5 Punkten bleiben. Die Synode folgte hier trotz einzelner Hinweise auf die weiter steigende Teuerung dem Antrag des Kirchenrats.

Die Anpassung der Bestimmungen zur minimalen Finanzierung der Werke der Mission und der Entwicklungszusammenarbeit und die entsprechende Revision des Reglements wurden ebenfalls diskussionslos und einstimmig genehmigt.

Die Synode stimmt ausserdem dem Zusammenschluss der reformierten Kirchgemeinden Lenzburg-Hendschiken und Othmarsingen zur Kirchgemeinde Lenzburg-Hendschiken-Othmarsingen diskussionslos zu. Der Zusammenschluss wird von beiden Kirchgemeindeversammlungen mit grossen Mehrheiten unterstützt. Dies ist seit der Fusion der Kirchgemeinden Bözberg und Mönthal im Jahr 2007 nach 15 Jahren erst die zweite Fusion von Kirchgemeinden im Aargau.

Motion zur Kirchenzugehörigkeit von Taufeltern

Zum Schluss diskutierte die Synode noch ausführlich eine Motion der Synodalen Heinz Brauchart und Bernd Zogg, Kirchgemeinde Gontenschwil-Zetzwil. Die Motion beabsichtigt eine Änderung der Kirchenordnung, die es ermöglichen soll, dass auch Kinder von Eltern getauft werden können, die keiner christlichen Kirche angehören. Zurzeit verlangt die Kirchenordnung bei einer Taufe die Kirchenmitgliedschaft mindestens eines Elternteils. Die neue Formulierung in der Kirchenordnung soll festhalten, dass statt eines Elternteils auch ein Taufpate oder eine Taufpatin – und natürlich das Kind selbst – Mitglied der reformierten Kirche ist.

Kirchenrat Christian Bieri erläuterte vier problematische Punkte dieses Anliegens, erklärte aber, dass der Kirchenrat bereit sei, die Motion anzunehmen und der Theologischen Kommission zur Bearbeitung zu übergeben. Einige Synodale äusserten aber ihre Bedenken gegen diese Öffnung der Zulassung zur Taufe, weshalb die Synode über die Überweisung der Motion abstimmen musste. Mit 88 Stimmen wurde die Motion schliesslich überwiesen.

Nach einigen weiteren Informationen schliesst Synodepräsident Lucien Baumgaertner die vorletzte Sitzung der laufenden Amtsperiode um 16.58 Uhr.