Kinderferienwochen sind ein wichtiger Teil des Gemeindeaufbaus. Insgesamt 64 Ferienwochen-Angebote gab es 2024 in reformierten Kirchgemeinden im Aargau. 2 700 Kinder nahmen teil. 575 Jungleitende halfen mit.

Buntes Leben im Kirchgemeindehaus

Veröffentlicht am 27. Februar 2025

Freundschaften entstehen, die auch über das Lager hinaus halten. Viele Teenager stellen sich – nachdem sie selbst jahrelang Teilnehmende waren – als Jungleitende zur Verfügung und verbringen so ihre Ferien mit einer sinnvollen und sinnstiftenden Tätigkeit. Abwechslungsreiche und kostengünstige Kinderferienwochen entlasten insbesondere Alleinerziehende und finanzschwache Familien. Im Jahr 2024 besuchten mehr als 2 700 Kinder eine der 64 Ferienwochen.

Bunt und vielfältig sind die Kinder­ferienwochen in den Aargauer Kirchge­meinden: Mit Musical, Theater, Zirkus, Geschichten hören, singen, Zauber­ oder Tanzworkshop, der Legostadt. Mit dem Besuch der Feuerwehr, der Schlangen­ frau, des Polizisten, einer Lehrerin im Rollstuhl, einer Walforscherin. Tage im Wald oder am Wasser mit Gelände­ spiel auch in der Nacht, Schnitzeljagd, Bogenschiessen, Ponyreiten, Steinlaby­rinth legen, Luftballons und Brieftauben steigenlassen. Mit Zoo-, Museums- oder Bauernhofbesuchen, einer Schifffahrt, dem Bau eines Bienenhotels, Basteln, Töpfern. Mit Hüpfkirche, Eisenbahn, Unihockey, Kletterhalle, Abseilen vom Kirchturm. Mit Bräteln, Kochen, Ba­cken, Fingerfood­Buffet, Stockbrot oder Teilete. Und natürlich mit vielen bibli­schen Geschichten: Jona im Wal, Mose und Mirjam, der Schöpfungserzählung, oder dem Leben Jesu. 

Gruppenfoto seon
Gruppenbild Kinderferienwoche Seon Nadja Deflorin, Seon

Zahlen der Kirchgemeinden

Von den 74 reformierten Aargauer Kirch­gemeinden bieten 52 Kirchgemeinden ein Ferienangebot für Kinder an. In grös­seren Kirchgemeinden werden mehrere –  zum Teil bis zu fünf verschiedene – Lager angeboten. So fanden im Jahr 2024 insgesamt 64 Ferienwochen statt: vier in den Sportferien, 31 in den Frühlingsferien, 21 in den Sommerferien und acht in den Herbstferien. In vielen Kirchge­meinden ist die Lagerwoche eine lang­jährige Tradition und wird teilweise seit mehr als 50 Jahren regelmässig angebo­ten – allein, gemeinsam mit Nachbar­kirchgemeinden, oder in ökumenischer Zusammenarbeit mit der katholischen Kirche oder mit Freikirchen.

Kantonsweit nahmen 2024 mehr als 2700 Kinder teil, 575 Jungleitende und 559 erwachsene Freiwillige halfen bei der Planung und Durchführung mit. Die Angestellten der Kirchgemeinden inves­tierten mehr als 6 850 Arbeitsstunden in die Ferienwochen: Im Durchschnitt wurden also 2,6 Arbeitswochen pro Lagerwoche eingesetzt.  Die Organisation ist dabei in den Kirch­gemeinden sehr verschieden: Oft wer­den Lager von Mitarbeitenden aus den Bereichen Sozialdiakonie oder Kateche­tik geleitet. Teilweise haben Pfarrperso­nen die Hauptleitung. Musical-Weeks werden oft auch von Kirchenmusikerin­nen und ­musikern geleitet. In einigen Kirchgemeinden liegt Planung, Leitung und Durchführung der Lagerwochen ganz in den Händen von Freiwilligen.

Erfahrungen der Kirchgemeinden

Die Rückmeldungen aus vielen Kirch­gemeinden sind ähnlich: Die Angebo­te sind beliebt und oft schnell ausge­bucht. Gerade in ländlichen Gebieten ist die Nachfrage oft sehr hoch, da an­dere Ferienbetreuungsangebote fehlen und Eltern die Entlastung sehr gelegen kommt. Da die Termine oft lange im Vor­aus bekannt sind, planen viele Familien ihre Ferien entsprechend. In einer städti­schen Kirchgemeinde sind jedoch rück­läufige Anmeldezahlen zu beobachten. Die grosse Resonanz führt an einigen Or­ten zu Schwierigkeiten: Zum Teil gingen für die 40 Plätze über 60 Anmeldungen innerhalb von drei Tagen ein. Die Wer­bung zeitgleich zu streuen und das An­meldeprozedere gerecht zu gestalten, ist unter diesen Bedingungen nicht ein­fach. Auch genügend grosse Räumlich­keiten sind schwierig zu finden: Einige Kirchgemeinden nutzen Festzelte, ande­re – insbesondere ländliche – Kirchge­meinden können die Schulräume oder Turnhallen der politischen Gemeinde mit nutzen.

Die Finanzierungsmodelle sind in den Kirchgemeinden unterschiedlich: In einigen erfolgt die Finanzierung über Spenden, andere erhalten einen Zu­schuss der politischen Gemeinde, oft werden geringe Beiträge von den El­tern erhoben, meist subventionieren die Kirchgemeinden das Angebot. Da auch viele Nicht­Kirchenmitglieder ihre Kinder für die Ferienwochen an­melden, sind auch Fragen der Finanzie­rungs­ und Beitragsmodelle oft eine He­rausforderung.

Gute Teamdynamik

Die Kinderferienwochen führen schnell zu einem hohen Gruppenzusammen­halt. Freundschaften entstehen, die auch über das Lager hinaus noch hal­ten. Viele Teenager stellen sich – nach­dem sie selbst jahrelang Teilnehmende waren – als Jungleitende zur Verfügung und verbringen so ihre Ferien mit ei­ner sinnvollen und sinnstiftenden Tä­tigkeit. Kinderferienwochen sind damit ein Einstieg in kirchliche Freiwilligen­arbeit. Zum Teil stellt das die Kirchge­meinden vor die Herausforderung, ge­nügend Aufgaben für Jungleitende zu finden, die Jugendliche stärken und fördern und ihnen ermöglichen, Ver­antwortung zu übernehmen oder Grup­pen zu führen.
Da in vielen Kirchgemeinden die Kinder­ferienwochen eine sehr lange Tradition haben, bestehen oft eingespielte Teams von Freiwilligen, die sich über Jahr­zehnte engagieren. Entsprechend opti­miert und reibungslos ist an vielen Or­ten die Durchführung. Schwierig sind hingegen Generationenwechsel in den Teams: Neue Freiwillige zu finden ist 
oft nicht einfach. Insbesondere Männer sind als Freiwillige für die Lagerteams nur schwer zu motivieren. 
Ohne Freiwillige wären die Kosten für die Ferienwochen nicht tragbar. Im Ge­gensatz zu anderen freiwilligen oder eh­renamtlichen Tätigkeiten ist der Einsatz in einer Kinderferienwoche zeitlich klar begrenzt, der Umfang besser abschätz­bar. Oft bleibt genug Zeit für Austausch im Team, sodass Kinderferienwochen auch ein Ort der Seelsorge sind.
Erfolgreiche, bunte und lebhafte Ferien­wochen sind auch ermutigend und stär­kend für die Angestellten. Die Leiterin einer Musicalwoche sagt: «Highlights sind für mich immer, wenn Erwachse­ne auf mich zukommen und sagen: Ich kann das Musical, das ich bei Dir vor 20 Jahren gesungen habe, immer noch auswendig.» Eine andere Kirchgemeinde berichtet von zwei Taufen, die im Rah­men der Ferienwoche zustande kamen.

Gemeindeaufbau

Kinderferienwochen sind wertvoll für den Gemeindeaufbau, da damit auch Kinder (und Eltern) erreicht werden, die nicht Kirchenmitglieder sind. Mit einem solchen niederschwelligen Angebot er­halten sie einen Einblick in die Kirch­gemeinde, werden vertraut mit den Räumlichkeiten, können Kirche posi­tiv erleben und Beziehungen aufbauen. 
Einige Kirchgemeinden berichten von Schwierigkeiten, dass der gemeinsame Abschlussgottesdienst schlecht besucht wird. Musical-Weeks erreichen mit ih­rer Abschlussaufführung oft ein grösse­res Publikum. In einigen Kirchgemein­den bewährt sich die Kombination der Ferienwoche mit dem Schulanfangs­gottesdienst als Abschluss. Kirche wird dadurch im Dorf, bei den Familien sichtbar. 
Mit den Ferienwochen werden auch Kinder erreicht, die während der Schul­zeit aufgrund von Terminkollisionen mit Hobbies und Sportaktivitäten nicht am Religionsunterricht teilnehmen. Da die Kinder über mehrere Tage in einer konstanten Gruppe gemeinsam unter­wegs sind, bieten Ferienwochen die Möglichkeit einer vertieften Glaubens­vermittlung – pädagogisch wertvoll mit Kopf, Herz und Hand.

Nutzen für die Gesellschaft

Auch gesamtgesellschaftlich leisten die Kinderferienwochen der Kirchgemein­den wichtige Beiträge: Sie bieten ein abwechslungsreiches Ferienprogramm. Insbesondere für finanzschwache Fami­lien oder Alleinerziehende, die sich kei­nen Urlaub leisten können, ist dies ein wertvolles Entlastungsangebot, zumal viele Kirchgemeinden Ferienwochen 
gratis oder zu sehr günstigen Preisen anbieten. Einige Kirchgemeinden inte­grieren gezielt auch Kinder mit Behin­derungen und leisten so einen Beitrag zur Inklusion. Die Gemeinschaftsbil­dung im Rahmen der Ferienwochen – auch zwischen verschiedenen Dörfern – trägt zum Zusammenhalt der Region bei. 

Claudia Daniel-Siebenmann, Leiterin Kommunikation