Im Januar 2014 veröffentlichte der Kanton Aargau den von den Aargauer Landeskirchen lange und mit Spannung erwarteten Entwurf zur Änderung des Gesundheitsgesetzes (GesG) betreffend die Seelsorge an den Spitälern.
Die Aargauer Landeskirchen haben eine gemeinsame Stellungnahme im Rahmen der Vernehmlassung des Kantons abgegeben. Ausserdem fanden Gespräche mit kantonalen Vertretern sowie Verantwortlichen der Spitäler statt. Am 4. März 2014 luden die Kirchenräte im Rahmen eines Mittagsgesprächs die Aargauer Grossratsmitglieder zu einem Meinungsaustausch über die Anhörungsvorlage ein. Über 30 kantonale Politiker und Politikerinnen folgten der Einladung und den juristischen Ausführungen sowie den Beiträgen von Fachpersonen aus der Medizin und der Spitalseelsorge.
Die wichtigsten Punkte der Stellungnahme der Landeskirchen
Mit der Gesetzesänderung soll die Motion 12.44 Oktober 2012 von Grossrat Roland Bialek, EVP, umgesetzt werden. Die jetzige Anhörungsvorlage setzt die Ziele und Vorgaben der Motion aber nur teilweise um. Der Wortlaut des Gesetzesentwurfs entspricht nicht dem Motionstext, der die Wiedereinführung des früheren § 49 Abs. 3 aGesG verlangt hatte.
Widerspruchsprinzip wieder im Gesetz – Spitalseelsorge gefährdet?
Zwar wird der grundsätzliche Anspruch von Patientinnen und Patienten auf seelsorgerische Betreuung wieder in das Gesetz aufgenommen und die sogenannte Widerspruchslösung verankert. Das heisst, dass Name und Adresse von Patientinnen und Patienten den Seelsorgenden mitgeteilt werden, wenn diese der Datenbekanntgabe nicht widersprochen haben. Derzeit gilt das Zustimmungsprinzip.
Leider erwähnt der Gesetzestext aber nur «Spitalseelsorgende» ausdrücklich als anspruchsberechtigte Personen. Die Gemeindepfarrämter kommen im Gesetzeswortlaut nicht vor. Die Änderungen sollten aber vor allem den Zugang zur Seelsorge durch die Gemeindepfarrämter sicherstellen. Die Landeskirchen setzen sich deshalb dafür ein, dass die Gemeindepfarrämter im Gesetz ausdrücklich erwähnt werden.
Besonderer Zugang für die interne Spitalseelsorge
Ausserdem verlangen die Aargauer Landeskirchen eine Klarstellung zur internen Spitalseelsorge. Eine Mitteilung nur von Name und Adresse der Patientinnen und Patienten an die Spitalpfarrerinnen und -pfarrer genügt für ihre Tätigkeit nicht. Die Spitalseelsorge wird im Auftrag des Kantons Aargau auf der Grundlage eines gültigen Vertrags mit den Landeskirchen von 1973 konfessionsübergreifend wahrgenommen. Die Spitalseelsorgenden werden zwar von den Landeskirchen angestellt und entlöhnt, sind aber gemäss diesem Vertrag in vollem Umfang in den Spitalbetrieb integriert und übernehmen vielfältige Aufgaben, z.B. in interdisziplinären Teams oder im Rahmen von Palliative Care. Da die Spitalseelsorge voll in die Therapieangebote des Spitals integriert ist, können und müssen den angestellten Fachpersonen auch mehr Angaben zu den Patientinnen und Patienten zur Verfügung gestellt werden, als den Gemeindepfarrämtern, die nur Namen und Station erfahren.
Die Landeskirchen fordern deshalb, dass im Gesetz zusätzlich zum Anspruch auf seelsorgerische Betreuung durch die Gemeindepfarrämter die vereinfachte Weitergabe der für die Erfüllung der Aufgaben der spitalinternen Seelsorgerinnen und Seelsorger notwendigen Daten sichergestellt wird.
Notfalleintritte
Die geltende Praxis führte dazu, dass bei Notfalleintritten häufig gar keine Abklärung zur Frage der Seelsorgebesuche stattgefunden hat. Der Anhörungsbericht des Kantons stellt hierzu immerhin klar, dass die Frage nach der Religionsgemeinschaft zu einem «späteren geeigneten Zeitpunkt» nachzuholen sei. Die Landeskirchen wünschen hierzu eine Präzisierung, wie genau und innerhalb welchen Zeitraums diese Abklärung stattzufinden hat.
Die Stellungnahme der Aargauer Landeskirchen wurde dem kantonalen Departement Gesundheit und Soziales mit konkreten Vorschlägen zur Anpassung der gesetzlichen Grundlagen im März zugestellt. Auch die Spitalvertretungen unterstützen die Anliegen der Landeskirchen.