Synode der Reformierten Landeskirche Aargau feiert ihr 150-Jahre-Jubiläum

Der lange Weg zur Trennung von Kirche und Staat und zum konfessionellem Frieden im Aargau

Veröffentlicht am 1. Juni 2016

Medienmitteilung – Am Mittwoch, 1. Juni, haben 148 Synodale der Reformierten Landeskirche Aargau das 150-Jahre-Jubiläum des reformierten Kirchenparlaments mit Regierungsrat Alex Hürzeler als Ehrengast und einem Referat des Historikers Dominik Sauerländer über die Trennung von Kirche und Staat im 19. Jahrhundert gefeiert.

Im geschäftlichen Teil ging es neben der Jahresrechnung 2015 der Landeskirche, die mit einem Ertragsüberschuss abschliesst, um die Sanierung der Aula und eine neue Heizung des Tagungshauses Rügel, die Ausgabenkompetenz des Kirchenrats für den Erhalt von Liegenschaften und ein Forschungsprojekt der Universität Basel zu Migrationskirchen in der Schweiz. Obwohl letzteres sehr umstritten war, stimmte die Synode allen Anträgen des Kirchenrats grundsätzlich zu.

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Die Synode feiert am 1. Juni 2016 ihr 150-Jahre-Jubiläum mit einem Lunch vor dem Grossratsgebäude in Aarau Roger Wehrli

Die Synode feierte am 1. Juni mit einem Festakt das 150-Jahre-Jubiläum ihrer Gründung. Regierungsrat Alex Hürzeler überbrachte die Glückwünsche der Aargauer Regierung zum Jubiläum des Kirchenparlaments und betonte, «dass das heutige friedliche Nebeneinander von Kirche und Staat im Aargau keine Banalität ist. Es wurde hart und lange gerungen, bis schliesslich die Aufgaben, Pflichten und Rechte von Staat und Kirche klar getrennt wurden.» Die Kirchen seien «für den Staat mit ihrer integrierenden Wirkung und den vielfältigen Leistungen im sozialen und kulturellen Bereich ein wichtiges Bindeglied zur Bevölkerung», erklärte Hürzeler und dankte den Kirchen für ihren Beitrag zur Integration von Flüchtlingen und zum friedlichen Zusammenleben der Religionen namentlich in der Aargauer Konferenz der Religionen.

Der Aargauer Historiker Dominik Sauerländer referierte über die Entstehung der Synode und die Trennung von Kirche und Staat im 19. Jahrhundert. Er stieg mit einem Hinweis auf die vermehrt öffentlich diskutierten Fragen über das religiöse Zusammenleben und die öffentliche Sichtbarkeit religiöser Symbole ein: «Wir sind es heute nicht gewohnt, religiöse Fragen zu diskutieren, die über den persönlichen Bereich hinausgehen. Das … ist das Resultat der Trennung von Kirche und Staat.» Staat und Kirche organisieren sich im Aargau zwar getrennt, die Landeskirchen allerdings nicht als private Vereine sondern als Körperschaften des öffentlichen Rechts, über die der Staat die Oberaufsicht behält. «Der Staat verhält sich aber religiös neutral», so Sauerländer. Diese Errungenschaft habe dem Aargau in den konfessionell aufgeladenen und streitbaren Zeiten des 19. Jahrhunderts Ruhe gebracht, betonte Sauerländer. «Religiöse Fragen sind seither kaum mehr von Bedeutung».

Im zweiten Teil des Referats erklärte Sauerländer, wie es 1866 zur Synode kam: Der Aargauer Grosse Rat hatte auf Wunsch des Generalkapitels der Aargauer Pfarrer ein Gesetz über die Organisation der Reformierten Kirche des Kantons Aargau verabschiedet, das als oberste Behörde eine Synode in Form eines Parlaments vorsah. Im Oktober 1866 wurden die ersten Wahlen in die Synode durch den Regierungsrat und die zivilen Behörden durchgeführt. Stimm- und wahlberechtigt waren alle reformierten Kantonsbürger vom 22. Lebensjahr an, die auch das politische Stimmrecht besassen. Nach dem historischen Wahlgang traten die 138 gewählten Synodalen, 87 Laien und 51 Pfarrer, am 18. Dezember 1866 zu ihrer ersten Sitzung zusammen.

Einstieg in den geschäftlichen Teil

Zu Beginn des geschäftlichen Teils der Synodesitzung, die mit einem Gottesdienst in der reformierten Stadtkirche Aarau begonnen hatte, nahm Synodepräsident Roland Frauchiger neun neue Synodemitglieder in Pflicht. Ausserdem überreichte Frauchiger die im Rahmen des Reformationsjubiläums von einer Gesprächssynode im Januar 2016 in Lenzburg erarbeiteten «Thesen zum Evangelium» an Kirchenratspräsident Christoph Weber-Berg. Der Kirchenrat wird diese Thesen an den Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund als Beitrag zum gesamtschweizerischen Thesenprozess weiterleiten.

Auf einen frei gewordenen Sitz in der Geschäftsprüfungskommission wählten die Synodalen mit 146 Stimmen Ursula Stocker-Glättli, Kirchgemeinde Stein und Umgebung, die von der Fraktion Lebendige Kirche vorgeschlagen wurde.

Rechnung und Jahresbericht 2015

Der finanzverantwortliche Kirchenrat Hans Rösch konnte eine deutlich besser abschliessende Rechnung 2015 der Zentralkasse der Reformierten Landeskirche präsentieren, als budgetiert. Sie schliesst bei einem Aufwand von 11’232’022 Franken mit einem Ertragsüberschuss von 96’712 Franken ab. Dieser wird für die Rückstellung «Ausgleich Zentralkassenbeitrag» verwendet. Im Budget 2015 war noch ein Aufwandüberschuss von über 100’000 Franken eingeplant. Hans Rösch wies aber auch darauf hin, dass die Einnahmen der Kirchgemeinden zurückgehen, sodass auch die Landeskirche 2017 mit einer Reduktion des Zentralkassenbeitrags um 280‘000 Franken rechnen muss.

Bei der Beratung der Rechnung 2015 kritisierte GPK-Präsident Lucien Baumgärtner drei Punkte sehr deutlich: Der Kirchenrat habe seine Kompetenzsumme um das Doppelte überschritten, eine Einlage in die Rückstellung für Jugendarbeit wurde doppelt so hoch getätigt wie budgetiert, und dem Dienstleistungszentrum Finanzen wurde die Miete der Büros im «Haus der Reformierten» 2015 erlassen. Trotzdem beantragte die GPK die Rechnung zu bewilligen, was die Synode auch mit wenigen Gegenstimmen tat. Ausserdem wurden die Rechnungen der Heimgärten Aarau und Brugg, des Tagungshauses Rügel und der Zeitung «reformiert.» Aargau genehmigt.

Im Rahmen der Beratung des Jahresberichts 2015 des Kirchenrats fragte Lutz Fischer-Lamprecht, Kirchgemeinde Wettingen-Neuenhof, ob der Kirchenrat auf den Budgetierungsprozess von Kirchgemeinden, deren Ausgabenüberschüsse aus dem kantonalen Gemeindeausgleich finanziert werden, Einfluss nehmen könne, was Kirchenrat Hans Rösch bejahte: Die Budgets der Kirchgemeinden werden von der kantonalen Finanzverwaltung überprüft.

Unterhalt von Liegenschaften und Sanierung des Tagungshauses Rügel

Der Kirchenrat kann zukünftig über Ausgaben für laufende Unterhalts- und Reparaturarbeiten an landeskirchlichen Liegenschaften, die aus Rückstellungen für Liegenschaften finanziert werden können, bis zu 250‘000 Franken pro Jahr und Liegenschaft selbst entscheiden. Die Synode stimmte dieser Erhöhung der finanziellen Entscheidungskompetenz des Kirchenrats einstimmig zu, allerdings mit einer Beschränkung, die auf Antrag der GPK zusätzlich in die Bestimmung aufgenommen wurde: Diese Ausgabenkompetenz für Liegenschaften wird auf insgesamt 500‘000 Franken pro Jahr beschränkt.

Zu diesen notwendigen Renovationsvorhaben gehört auch das Tagungshaus Rügel, das eine neue Heizung braucht und dessen Aula dringend saniert werden muss. Während die Gastronomie-Partnerin, Seehotel Hallwil in Beinwil (Aargau-Hotels AG), in den letzten Jahren bereits beträchtliche Summen in die Renovation des Haupthauses, des Zimmertrakts und der Restaurations- und Schulungsräume investiert hat, wurden die Aula und die WC-Anlagen bisher nicht renoviert. Die Synode hat einstimmig beschlossen, dass diese Räume nun auf Kosten der Landeskirche saniert und auf den heutigen Stand der Technik gebracht werden sollen. Ausserdem wird eine neue Heizung – eine Kombination aus Wärmepumpe und Ölheizung, wie Kirchenrat Martin Keller ausführte – eingebaut. Für die notwendigen Investitionen wurden insgesamt 195‘000 Franken zulasten der entsprechenden Rückstellung bewilligt.

Heftige Diskussion über ein Forschungsprojekt zu Migrationskirchen

Nur ein Traktandum wurde von der Synode wirklich kontrovers diskutiert: Der Antrag des Kirchenrats, ein Forschungsprojekt der Theologischen Fakultät der Universität Basel «Migrationskirchen in der Schweiz: Interkulturell-theologische Profile und ökumenische Perspektiven» mit insgesamt 120‘000 Franken für die Jahre 2017 - 2019, zu unterstützen, wurde unter anderem von Reto Löffel im Namen der Evangelischen Fraktion abgelehnt. Das Projekt soll die Theologien und die Ausrichtung von Migrationskirchen in der Schweiz untersuchen und sei von grossem Interesse für die Aargauer Landeskirche und ihre Kirchgemeinden, betonten zumindest Kirchenrat Beat Maurer und einzelne Synodale. Als «Migrationskirchen» werden Kirchen bezeichnet, die von Christinnen und Christen mit Migrationshintergrund gegründet und geleitet werden und zur Mehrheit aus Migrantinnen und Migranten bestehen. Eine besseres Verständnis für ihre Kultur und die sehr unterschiedlichen Theologien und eine freundschaftliche Zusammenarbeit mit diesen kleinen Kirchen, die sich oft in den Räumen einer Kirchgemeinde einmieten, würde den Aargauer Kirchgemeinden sehr gut tun, betonte auch Kirchenratspräsident Weber-Berg.

Andere Synodale hielten entgegen, dass die Forschungsergebnisse nur von wenigen zur Kenntnis genommen und den Migrationskirchen und den Kirchgemeinden keinen praktischen Nutzen bringen würden – «rausgeschmissenes Geld», wie Reto Löffel meinte. Die Synode stimmte dann aber doch mit 88 gegen 36 Stimmen für die Unterstützung des Forschungsprojekts und den Antrag des Kirchenrats.

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Informationsdienst