Medienmitteilung – Das Jahr 2022 hat die bisherige Weltordnung, wie sie sich seit dem Zusammenbruch des Systems von «Ost-» und «Westblock» vor dreissig Jahren entwickelt hatte, mit Gewalt erschüttert. Der 24. Februar, als die russische Armee in die Ukraine einmarschierte, wird im Gedächtnis bleiben als der Tag, an dem mit einem Schlag schmerzlich klar wurde, wie fragil das Fundament war, auf dem diese Ordnung stand.
Der Schweiz ist es in den letzten Jahrzehnten gelungen, sich als Kleinstaat im Herzen von Europa politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich stabil zu behaupten und gleichzeitig wesentliche Entwicklungen nicht nur nachzuvollziehen, sondern auch aktiv mitzugestalten.
Der Eidgenössische Dank-, Buss- und Bettag bietet in der aktuell unsicheren Zeit die Möglichkeit, die Situation unseres Landes im Rahmen der aktuellen Entwicklungen zu reflektieren. Danken, Busse tun und beten sind in diesem Zusammenhang nicht mehr ganz so selbstverständlich wie zur Zeit der Gründung der modernen Schweiz 1848. Unmittelbar davor hatte auch in der Schweiz Krieg geherrscht, befeuert von konfessionellen Unterschieden. Danach erhielt der Dank-, Buss- und Bettag die Bedeutung, den Respekt vor den konfessionell jeweils anders lebenden und glaubenden Menschen in unserem Land zu fördern. Der gemeinsame Blick auf Gott und auf das, wofür Grund zur Dankbarkeit bestand, sollte die Menschen im Land verbinden.
Der Bettag bot und bietet die Möglichkeit, eigenes Handeln zu hinterfragen und die Hand zu Frieden und Versöhnung auszustrecken.
Nun, da ein Land es wieder wagt, bestehende Ordnungen in Europa mit kriegerischer Gewalt zu zerschlagen, dient es dem Zusammenhalt unseres Landes, unserer Gesellschaft, wieder gemeinsam auf das zu schauen, wofür wir dankbar sein dürfen: Direkte Demokratie, funktionierende Institutionen und ein Rechtsstaat, der Würde und Rechte der Menschen schützt; attraktive Rahmenbedingungen für Wirtschaft und Unternehmen sowie tragende Einrichtungen des Sozialstaats. Wenn auch vieles in unserem Land noch verbessert werden kann und muss: Es gibt guten Grund, dankbar zu sein und sich für unser Land, unsere Gesellschaft, für Solidarität, Frieden und die Bewahrung der Umwelt zu engagieren.
Die neu aufkommende Verunsicherung sollte uns nicht dazu verleiten, im Rahmen der manchmal aufflammenden Kultur der Empörung, der Polemik und der Polarisierung zu einer Spaltung unserer Gesellschaft beizutragen.
Der Respekt vor Andersdenkenden und die Wertschätzung für die Grundlagen unseres Zusammenlebens stehen am Ursprung des Eidgenössischen Dank-, Buss- und Bettags.
Sie bilden auch in Zukunft die Basis für das Funktionieren der Institutionen, das friedliche Zusammenleben und die Lebensqualität in unserem Land.
Das Bettagsmandat wird jedes Jahr gemeinsam vom Regierungsrat und den Kirchenräten der Reformierten, Römisch-katholischen und Christkatholischen Landeskirche herausgegeben. In diesem Jahr wurde es von den Landeskirchen verfasst.