Medienmitteilung – «Wir feiern heute 40 Jahre Stimm- und Wahlrecht der Frauen im Staat, kirchlicherseits trauern wir um die verlorenen Jahre. Wäre der Staat gleich schnell wie die reformierte Kirche gewesen, dann könnten wir heute 120 Jahre Stimm- und Wahlrecht der Frauen feiern.» Mit diesen historischen Hinweisen begründete Claudia Bandixen, Präsidentin des Kirchenrates der Reformierten Landeskirche Aargau, die Vorreiterrolle der reformierten Kirche bei den politischen Rechten der Frauen an der Jubiläumsfeier 40.
Bereits 1891 erfochten die Frauen in der reformierten Kirche Genf als erste in der Schweiz das Stimm- und Wahlrecht. 1899 folgte die
reformierte Kirche im Kanton Waadt. Ab 1910 erlangten die Frauen in vielen reformierten Deutschschweizer Landeskirchen mit dem Eintrag ins
Stimmregister das aktive Wahlrecht. Im Aargau dauerte es länger. Erst 1949 war es hier so weit, also vor 62 Jahren.
Die Zürcher Kirche, die bereits 1910 Frauen als Pfarrerinnen zulassenwollte, musste sich vom Bundesgericht belehren lassen, dass diesrechtlich wegen ihrer fehlenden politischen Wählbarkeit nicht möglichsei. Der reformierten Kirche wurde damals vorgeworfen, Wegbereiterin despolitischen Stimm- und Wahlrechts zu sein.
Bei Frauen im Pfarramt und in der Kirchenleitung war die Reformierte Landeskirche Aargau hingegen führend: Die Aargauer Pfarrerin Sylvia
Michel konnte 1964 als erste Frau in der Schweiz selbstständig – ohne einen Pfarrer an ihrer Seite – ein eigenes Pfarramt in Ammerswil führen.
1980 wurde sie zur Kirchenratspräsidentin der Aargauer Landeskirche gewählt und wurde damit zur ersten Frau in Europa an der Spitze einer
Kirchenleitung. «Nur Gerechtigkeit wird der Wahrheit des Lebens stand halten,» sagt sie im Rückblick. In Dankbarkeit für ihre Pionierarbeit
wird seit 2008 der «Sylvia-Michel-Preis» von Schweizer reformierten Kirchen verliehen, der Frauen weltweit zu Leitungsfunktionen in Kirchen
ermutigt und auszeichnet.
In der Aargauer Landeskirche sind heute 74 von 169 Synodalen, Mitgliedern des kirchlichen Parlaments, Frauen, und 60 der 154 Pfarrstellen werden von Frauen geführt.