Ergänzung und Ausblick zum Arbeitsprogramm 2019 - 2022

«freudig, ansteckend und glaubwürdig» Kirche sein - Perspektive 2030

Veröffentlicht am 2. Dezember 2019

Medienmitteilung – Im Januar 2019 hat der Kirchenrat der Synode sein Arbeitsprogramm für die laufende Amtsperiode mit den drei Schwerpunkten «Glauben und Werte», «Leben und Handeln» sowie «Strukturen und Organisation» vorgestellt. Auf dieser Grundlage hat der Kirchenrat an seiner Retraite 2019 die «Perspektive 2030» entwickelt.

Sie soll auch bei schwieriger werdenden Rahmenbedingungen wie sinkenden Mitgliederzahlen und Finanzen den Fokus darauf setzen, «freudig, ansteckend und glaubwürdig» Kirche zu sein. Die «Perspektive 2030» bildet den Rahmen für Massnahmen und Projekte, die die Möglichkeiten und Fähigkeiten der Kirchgemeinden und Mitarbeitenden erweitern und fördern und nicht in erster Linie um finanzielle Einsparungen – auch wenn diese natürlich ein notwendiger Effekt sind.

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Lebhafte Diskussionen an einer Gesprächssynode in Lenzburg Mirjam Stutz

«Leben und Handeln der Kirche»: Rahmenkonzepte für Gottesdienst und Diakonie

Zum Thema «Leben und Handeln der Kirche» (Arbeitsprogramm des Kirchenrats, Punkt 2) gehören vor allem Gottesdienste, Diakonie und Seelsorge. Durch die Erarbeitung von Rahmenkonzepten zum Gottesdienst und zur Diakonie in der Landeskirche und ihre Umsetzung in den Kirchgemeinden sollen die Möglichkeiten der Kirchgemeinden erweitert werden. Der gesetzliche Rahmen – auch durch Änderungen in der Kirchenordnung – muss gelockert werden, damit Gemeinden mehr Möglichkeiten haben, zeitgemäss und vielfältig Gottesdienst zu feiern. Gleichzeitig sollen die Kirchgemeinden in den Bereichen Gottesdienst und Diakonie durch die Erarbeitung ihrer individuellen Konzepte strukturiert vorgehen und bewusst das diakonische und gottesdienstliche Handeln und Leben planen.

In der Diakonie soll zum Ausdruck kommen, dass die tätige Nächstenliebe genauso zum Kerngeschäft des Glaubens gehört wie die Verkündigung.

Ähnlich dem Konzept Pädagogisches Handeln soll das Rahmenkonzept Diakonie aufzeigen, welche Möglichkeiten bestehen und welche Rahmenbedingungen erfüllt sein müssen, damit die reformierte Kirche auch eine diakonische Kirche ist.

Ein fast schon historischer Meilenstein

Zum Kern des kirchlichen Auftrags gehört sicher auch die Seelsorge, die hier nur deshalb nicht mit einem eigenen Punkt oder Projekt vertreten ist, weil am 9. Dezember 2019 die Zusammenarbeit mit der römisch-katholischen Kirche in der «ökumenischen Seelsorge in Institutionen» durch die Unterzeichnung des Vertrags «über die ökumenisch verantwortete Seelsorge in Institutionen des Gesundheitswesens im Kanton Aargau» besiegelt wird. Diese Unterzeichnung markiert den Abschluss eines aufwändigen, mehrjährigen Prozesses, ein fast schon historischer Meilenstein in der ökumenischen Zusammenarbeit.

Strukturen und Organisation: Gemeindeleitung, Weiterbildung, Pfarramt, Immobilien

Bei den «Strukturen und der Organisation der Kirche» (Arbeitsprogramm des Kirchenrats, Punkt 2) wird an folgenden Themen und Projekten gearbeitet: Das Modell der Partnerschaftlichen Gemeindeleitung soll weiterentwickelt werden, insbesondere in den Themen Aufsicht und Konfliktmanagement. Dabei geht es um die Frage der Aufsicht über die kirchlichen Mitarbeitenden: Macht die Zweiteilung der Aufsicht über Verwaltungsführung und Amtsführung noch Sinn, und welche Rollen und Aufgaben sollen hier den Kirchenpflegen und dem Kirchenrat zugewiesen werden? Ausserdem soll auch das Konfliktmanagement-System verbessert werden. Neben der Klärung von Strukturen und Abläufen für die Bearbeitung von akuten Konflikten sind weitere Massnahmen zur Konfliktprävention geplant.

Freie Wahl der Kirchgemeinde

Zur Organisation der Kirche gehört auch die «Freie Wahl der Kirchgemeinde», die die Synode im Grundsatz bereits im November 2007 beschlossen hat. Jedes Mitglied soll unabhängig vom Wohnort seine Kirchgemeinde frei wählen können, in der es mit allen Rechten und Pflichten Mitglied sein möchte. Diese Regelung wurde aufgrund eines Rekurses im Herbst 2008 aufgehoben. Nun zeichnet sich aber die Möglichkeit ab, dass ein Mitglied seine Kirchensteuern direkt einer Wahlkirchgemeinde zuweisen kann, sobald die entsprechenden Erweiterungen in der Steuersoftware des Kantons Aargau implementiert sind. Dann wird der Kirchenrat mit einem gegenüber dem ersten Entwurf vereinfachten Modell für die «Freie Wahl der Kirchgemeinde» wieder an die Synode gelangen.

Weiterbildungsreglement revidieren

Zu einem attraktiven Leben der Kirchgemeinden gehören auch Mitarbeitende die ihre Aufgaben «freudig und ansteckend» ausüben. Auf gute und regelmässige Weiterbildung wird in der Aargauer Landeskirche schon seit vielen Jahren grosser Wert gelegt. Trotzdem ist das Weiterbildungsreglement revisionsbedürftig. In welche Richtung es gehen soll, wird in einem breit angelegten Meinungsbildungsprozess (siehe Ankündigung in diesem a+o) mit den Mitarbeitenden und den Kirchenpflegen diskutiert.

Überprüfung der Residenz- und der Wohnsitzpflicht

Im Aargau sind Pfarrerinnen und Pfarrer mit einem Pensum ab 50 Prozent verpflichtet, im Pfarrhaus oder in der Pfarrwohnung zu wohnen (Residenzpflicht). Die Überprüfung der «Residenzpflicht» und der «Wohnsitzpflicht» (Wohnsitz in der Kirchgemeinde) entspricht einem Wunsch, der im Zusammenhang mit der Evaluation der Partnerschaftlichen Gemeindeleitung in der letzten Amtsperiode vielfach geäussert wurde und soll an einer Gesprächssynode am 5. September 2020 (s.u.) diskutiert werden. Die Aufhebung der Residenzpflicht würde mehr Spielraum bei der Bewirtschaftung von Immobilien ermöglichen.

Immobilienstrategie

Die Immobilien der Kirche bedeuten für die Gemeinden viele Möglichkeiten für das Gemeindeleben, oft aber auch ungenutzte Räume, die mit grossen finanziellen Belastungen verbunden sind und in den Kirchenpflegen immer viel Aufmerksamkeit und Zeit erfordert. Der gesamte Versicherungswert aller kirchlichen Immobilien im reformierten Aargau liegt bei über einer Milliarde Franken. Die Kosten für die Erhaltung und Renovation der Gebäude sollten das Budget einer Kirchgemeinde nicht über Gebühr belasten, damit genug Mittel für die Menschen bleiben und nicht nur in Mauern investiert wird. Mit einem Tool zur Berechnung der finanziellen Belastung durch Immobilien bietet der Kirchenrat den Kirchgemeinden die Möglichkeit, den Bestand und die finanzielle Tragbarkeit ihrer Immobilien sorgfältig zu überprüfen. Dazu sollen Orientierungshilfen für das Planen und Handeln kommen. Denn Veränderungen bei Immobilien müssen langfristig überlegt und geplant werden.

verfasst von
Informationsdienst