Medienmitteilung – Am Mittwoch haben 156 Synodale der Reformierten Landeskirche Aargau im Grossratssaal in Aarau ein neues gemeinsames Erscheinungsbild für die Aargauer Kirchgemeinden und die Landeskirche sowie verschiedene Massnahmen zur Lösung von Konfliktsituationen in Kirchgemeinden, darunter ein neues Abwahlverfahren, beschlossen. Neben einem revidierten Wahl- und Abstimmungsreglement bewilligte die Synode auch das Budget 2018 – wegen der geplanten roten Zahlen allerdings nicht ohne Nebentöne.
Die Synode hat nach intensiver Diskussion unter der Leitung von Synodepräsident Roland Frauchiger den Vorschlag des Kirchenrats für ein neues gemeinsames Erscheinungsbild gutgeheissen. Mit der neuen Wortmarke «Reformierte Kirche» soll die Sichtbarkeit und Wiedererkennbarkeit der Kirchgemeinden, der Landeskirche und ihrer Angebote und Leistungen auf allen Ebenen verbessert werden. Eigentlich hatte die Synode schon im November 2016 die Einführung eines gemeinsamen Erscheinungsbilds beschlossen. Aber über die Begrifflichkeiten gingen die Meinungen auseinander, und die Synode wollte zuerst einen konkreten Entwurf sehen, bevor sie die Verbindlichkeit für alle Kirchgemeinden beschliesst.
«Weil wir gemeinsam Kirche sind»
Kirchenratspräsident Christoph Weber-Berg betonte in seinem Eingangsvotum die tiefere Bedeutung des einheitlichen Auftritts: «Weil wir Kirche sind, gemeinsam, und nicht jede und jeder für sich alleine, wollen wir das in der Öffentlichkeit auch so bezeugen. Ja, wir gehören zur gleichen Kirche wie die in Lenzburg oder in Frick und über den Kanton hinaus. Das darf man sehen. Das soll man sehen.» Dem stimmte Ursula Stocker-Glättli im Namen der Geschäftsprüfungskommission zu, bemängelte aber die unklaren Ausführungen zu den Kosten. Sie verlangte ein eindeutiges «Preisschild», das Weber-Berg dann auch mit 35‘000 Franken bezifferte.
Aber der Begriff «Kirche» anstelle von «Kirchgemeinde» in der einheitlichen Wortmarke gab wie schon im November 2016 zu reden. So wehrte sich Madeleine Krause im Namen der Fraktion Kirche und Welt mit Anspielung auf das Jubiläum der Reformation gegen eine hierarchisch, also von oben verordnete Begrifflichkeit. Die Fraktion verlangte dass die Wortmarke mit «Kirchgemeinde» gestaltet und der vorgeschlagene Blauton dunkler werden müsste.
Dem hielt Marc Zöllner im Namen der Fraktion Freies Christentum entgegen, dass die kurze Wortmarke «schlicht und elegant» sei und gut in das visuelle Zeitalter passe. Noch wichtiger sei aber, dass die meisten Kirchenmitglieder sich zu ihrer «Kirche» zugehörig fühlen und weniger zu einer bestimmten Kirchgemeinde. Der Begriff «Kirchgemeinde» sei vor allem für die aktiven und mitarbeitenden Mitglieder wichtig. Nachdem sich auch Jakob Haller von der Fraktion Lebendige Kirche und weitere Votanten in diesem Sinne zu Wort meldeten, fiel die Abstimmung über den Antrag der Fraktion Kirche und Welt und auch über die Wortmarke überraschend eindeutig aus: 119 Synodale sprachen sich für «Kirche» aus, 20 für «Kirchgemeinde». Anschliessend wurden alle Anträge des Kirchenrats zum Erscheinungsbild und zur Rechtsgrundlage für die Verbindlichkeit in allen Kirchgemeinden mit grosser Mehrheit bewilligt. Die Frage ob auch der Begriff «evangelisch» aufgenommen werden müsste, spielte in der Diskussion keine Rolle mehr.
Die Kirchgemeinden haben nun sechs Jahre lang Zeit, das gemeinsame Erscheinungsbild mit Unterstützung der Landeskirchlichen Dienste einzuführen. Sie können die Wortmarke mit zusätzlichen, stilistisch angepassten Bildelementen ergänzen.
Gruss von der zukünftigen «Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz»
Der Ratspräsident des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbunds SEK, Gottfried Locher, nahm in seinem Grusswort die Diskussion über das «gemeinsam Kirche Sein» auf allen Ebenen gerne auf. Er verwies darauf, dass erst letzte Woche auch die Abgeordneten des Kirchenbunds im Rahmen der Verfassungsrevision beschlossen hatten, den SEK künftig «Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz» zu nennen und die Abgeordnetenversammlung zu einer Synode zu machen.
Neues Abwahlverfahren bei tiefgreifender Zerrüttung
Die weiteren Geschäfte wurden dann mit deutlich geringerem Diskussionsbedarf beraten und durchwegs wie vom Kirchenrat beantragt bewilligt. Besondere Beachtung fand die Beantwortung der Motion «Anstellungs- und Entlassungsverfahren von ordinierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern» vom Juni 2014, die bessere Instrumente für die Gemeindeleitungen verlangt hatte, um schwerwiegende Personalkonflikte zu lösen. Der Kirchenrat legte der Synode Gesetzesänderungen vor, die Konfliktpotenzial verringern und Konflikte entschärfen sollen. Dabei geht es um ein geändertes Verfahren zur Erteilung der Wählbarkeit von Pfarrerinnen und Pfarrern und von Sozialdiakoninnen und Sozialdiakonen und um ein neues Abwahlverfahren von gewählten Ordinierten und Ehrenamtlichen. Beides wurde von Lutz Fischer-Lamprecht im Namen der GPK begrüsst und zur Annahme empfohlen.
Zu diskutieren gab vor allem die neue Möglichkeit, dass der Kirchenrat bei der Überprüfung der Wählbarkeit für das Pfarramt oder sozialdiakonische Amt in besonderen Einzelfällen eine Bewerberin oder einen Bewerber ablehnen kann, die oder der persönlich ungeeignet erscheint oder sich in der Praxis nicht bewährt hat – was bisher nicht möglich war. Das schränke die Freiheit der Kirchgemeinden ein, ihre Pfarrerinnen und Pfarrer selbst zu wählen, wurde bemängelt. David Scherler beantragte deshalb, diesen Antrag abzulehnen. Er wurde unterstützt von David Mägli, der die Synode fragte, ob sie dem Kirchenrat das letzte Wort bei der Pfarrerwahl überlassen wolle. Martin Schweizer erklärte hingegen, dass der Vorstand des Aargauer Pfarrkapitels hinter den Vorschlägen des Kirchenrats stehe und sie grundsätzlich begrüsse.
Das vorgeschlagene neue Abwahlverfahren von gewählten Ordinierten und Ehrenamtlichen war hingegen nicht bestritten. Hier wurden nur Details diskutiert. In dem mehrstufigen Verfahren kann die Kirchenpflege nach einem gescheiterten Mediationsverfahren und nach Beratung durch die Dekanatsleitung einen Antrag auf ein Verfahren zur Abwahl eines ordinierten oder ehrenamtlichen Gewählten an den Kirchenrat stellen. Am Ende des komplexen Verfahrens muss letztlich die Kirchgemeindeversammlung über die Abwahl einer Person entscheiden.
Damit ein solches Verfahren eingeleitet werden kann, muss eine tiefe Zerrüttung vorliegen, die eine fruchtbare Zusammenarbeit innerhalb der Kirchenpflege dauerhaft als unwahrscheinlich erscheinen lässt und das Leben der Kirchgemeinde erheblich schwächt. Die Synode stimmte allen Anträgen und Gesetzesbestimmungen ohne Änderungen zu.
Budget bewilligt – Aufwandüberschuss in Frage gestellt
Das vom Kirchenrat vorgelegte Budget 2018 der Zentralkasse der Landeskirche in Höhe von 11'392'440Franken wurde einstimmig genehmigt. Lucien Baumgaertner, Präsident der Geschäftsprüfungskommission, kritisierte aber den zum wiederholten Male budgetierten Aufwandüberschuss, 2018 in Höhe von 237'359 Franken, auch wenn die letzten Jahresrechnungen letztlich immer mit einem Ertragsüberschuss abgeschlossen hatten. Baumgaertner äusserte die Erwartung, dass künftig wieder ausgeglichene Budgets präsentiert würden. Kirchenrat Hans Rösch bestätigte, dass der Kirchenrat bereits die Prüfung von Einsparungen eingeleitet habe. Das Budget basiert auf einem Zentralkassenbeitrag der Kirchgemeinden von 2,3 %. Der Aufwandüberschuss kann aus dem Eigenkapital gedeckt werden.
Motion zur Neuregelung des Finanzausgleichs und der Baubeiträge
Eine Motion der Evangelischen Fraktion zu Änderungen im Reglement über den Finanzausgleich zwischen den Kirchgemeinden wurde vom Kirchenrat zurückgewiesen und von der Synode mit grosser Mehrheit abgelehnt. Sie hatte zusätzliche Beiträge der finanzstärksten Kirchgemeinden und die Finanzierung von Baubeiträgen an die Kirchgemeinden aus der normalen Rechnung verlangt.
Zum Schluss der Sitzung musste Kirchenrat Martin Keller die Rücktritte der beiden langjährigen Kirchenratsmitglieder Daniel Hehl und Hans Rösch auf Ende der Amtsperiode im Dezember 2018 bekannt geben. Sie werden sich an der Synode im Juni 2018 nicht zur Wiederwahl zur Verfügung stellen.
Synodepräsident Roland Frauchiger schloss die Verhandlungen gegen 15.30 Uhr.