«Heimat» in einer neuen Dimension: Uraufführung der reformierten Jodlerliturgie in Zofingen

Veröffentlicht am 11. September 2017

Medienmitteilung – Bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr übertrugen Radio und Fernsehen SRF einen Gottesdienst mit der neu vertonten Aargauer Jubiläumsliturgie aus der Stadtkirche Zofingen live. Am letzten Sonntag wurde die reformierte Jodelliturgie unter Mitwirkung des Komponisten uraufgeführt. Viele der 350 Gäste waren in Tracht gekommen und nahmen – auch durch die Beiträge von zwei Flüchtlingsfrauen – das Thema «Heimat» in einer neuen Dimension wahr.

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Pfr. Lukas Stuck bedankt sich nach dem Gottesdienst in der Stadtkirche Zofingen bei den mitwirkenden Jodlerchören und den beiden Flüchtlingsfrauen (in der ersten Reihe links) Mark Wyss

«Noch dreissig Sekunden, dann gehen wir auf Sendung.» Für einmal kündigten nicht die Glocken, sondern die Aufnahmeleiterin des Schweizer Fernsehens den Beginn des Gottesdienstes in der reformierten Stadtkirche Zofingen an. Die Anspannung war nicht nur bei den vielen Mitwirkenden sondern auch bei den über 350 Besucherinnen und Besuchern spürbar. Erstaunlich viele waren der Einladung gefolgt, ihre Tracht für den Gottesdienst anzulegen. Wunderschöne Trachten aus allen Regionen der Schweiz waren zu sehen. Auf dem Programm stand die Uraufführung der Jodelliturgie von Stephan Haldemann (Texte) und Peter Künzi (Musik), einstudiert vom Jodlerklub Edelweiss Zofingen unter der Leitung von Anita Steiner-Aregger und dem Wäberchörli Bern unter der Leitung von Peter Künzi, dem Komponisten des Werkes. Begleitet wurden die Jodellieder vom Ländlerquartett André Meier.

Die neue Komposition geht von der traditionellen Liturgie der Messe aus, ist aber in Mundart gehalten und mit gesprochenem und wortlosem Jodelgesang vertont. Dadurch sind eindrückliche Jodellieder entstanden, die in der Stadtkirche am Sonntag viele bewegt haben. Bei der Bitte um Vergebung singen die Jodler zum Beispiel: «Vergib üs drum, was mir alls glätzget hei, u lahnis mit där Burdi nid alei.»

Im Vorgespräch zwischen dem Komponisten Peter Künzi und Pfarrer Lukas Stuck entstand die Idee, für diesen Gottesdienst das Thema «Heimat» zu wählen – nicht nur, weil Jodelmusik für viele in der Schweiz ein Stück Heimat bedeutet. Die neue Jodelliturgie und die Predigt nahmen auch die neue Suche nach Heimat und die aktuelle Diskussion auf. Das Thema Heimat hat in den letzten Jahren durch die Migrations- und Flüchtlingsbewegungen für Menschen auf der Flucht wie auch für Einheimische eine neue Bedeutung gewonnen. Im Gottesdienst wirkten deshalb Tegsti Tekelhaymanot aus Eritrea und Layla Ibrahim aus Syrien mit, die beide in der Kirchgemeinde Zofingen freiwillig mitarbeiten. In einem sehr bewegenden Moment erzählten die beiden Frauen, was für sie heute Heimat bedeutet und wie Zofingen für sie inzwischen zu einer zweiten Heimat geworden ist.

In seiner Predigt ging Pfarrer Lukas Stuck – ausgehend von passenden Bibeltexten – der Frage nach, was Heimat ist: «Heimat ist nicht einfach gegeben. Heimat ist ein Auftrag. Ein Haus wird nur einmal gebaut, ein Zuhause aber täglich neu.» Dass Heimat für Schweizerinnen und Schweizer offensichtlich etwas Besonderes sei, erklärte Stuck mit dem speziellen medizinischen Ausdruck für Heimweh, das früher als «morbus helveticus», als «Schweizer Krankheit» bezeichnet wurde.
Der Gottesdienst in der Stadtkirche Zofingen dauerte nur 45 Minuten. Die anfängliche Anspannung wich schnell einer bewegten fröhlichen Stimmung. Für viele war diese kurze Zeit eine Sternstunde. Ein 90-jähriger Mann meinte nach dem Gottesdienst: «Das ist das Schönste, was ich in meinem Leben erlebt habe.» Der beschwingte Rhythmus und der Text des letzten Jodelliedes klang bei vielen Gästen noch lange nach: «Es Härz voller Liebi, voll Fröid u Vertroue, das trage mir alli ganz fescht mit hei.»

Die Aargauer Jodelliturgie gehört zu drei neuen Kompositionen in verschiedenen musikalischen Richtungen (Popularmusik, Klassischer Chorgesang und Volksmusik), die zum Jubiläum 500 Jahre Reformation von der Aargauer Landeskirche veröffentlicht wurden. Am nächsten Sonntag wird der Gottesdienst auch vom Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF) ausgestrahlt.

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Informationsdienst