«Wie im Himmel, so im Aargau» - Aufbruch zur Kirchenreform 26/30

Kirchenreform: Bilanz der sechs Auftaktveranstaltungen

Veröffentlicht am 1. Oktober 2021

Im August und September fanden in sechs Aargauer Kirchen die regionalen Aufbruchveranstaltungen zum Prozess «Kirchenreform 26/30» statt. Fast 350 Personen, grösstenteils Ehrenamtliche und Mitarbeitende der Kirchgemeinden, nahmen an den Anlässen aktiv teil.

Zu Beginn begrüsste Christoph Weber-Berg im Namen des Kirchenrates und der Steuerungsgruppe die zahlreich erschienenen Mitarbeitenden der Kirchgemeinden, Kirchenpflegemitglieder und weitere Interessierte, auch junge Erwachsene, zu den Informations- und Diskussionsanlässen.

Beobachtungen, die weh tun

Am Anfang standen Beobachtungen, die weh tun: Der Einfluss der Kirche in der Öffentlichkeit schwindet, die Kirche ist nicht mehr systemrelevant, Kirchenaustritte nehmen zu und keine der 75 Kirchgemeinden hat es geschafft, diesen Trend aufzuhalten. Kirchliche Handlungen wie Taufen, Trauungen und selbst Beerdigungen sind immer weniger gefragt und es wird zunehmend schwieriger, Menschen zu finden, die sich als Freiwillige oder Ehrenamtliche in den Kirchgemeinden engagieren. Die Liste, die Jürg Hochuli präsentierte, war lang. Nichts war eine wirkliche Überraschung, die meisten Punkte sind bereits hinlänglich bekannt, aber in der «geballten Form» war die Aufzählung dennoch für viele Anwesende erschreckend.

Es gilt, der Realität ins Auge zu blicken, und es muss sich etwas ändern, so das Fazit der Beobachtungen. Doch eines steht ausser Frage: In den Kirchgemeinden entsteht und geschieht viel Gutes! Das soll in keiner Form abgewertet oder geschmälert werden. Die Frage ist vielmehr: Wie können wir die Wirkung dieser wertvollen Arbeit wieder erhöhen? Zu diesem Zweck lanciert der Kirchenrat die Kirchenreform 26/30.

Acht Arbeitsgruppen für die inhaltliche Auseinandersetzung

Bis zum Jahr 2026 soll eine neue Form der Reformierten Kirche Aargau entwickelt und beschlossen sein, die dann bis 2030 umgesetzt wird. Der Reformprozess wird von einer siebenköpfigen Steuerungsgruppe geleitet, die für Form und Ablauf verantwortlich ist. Die inhaltliche Verantwortung verteilt sich auf acht themenspezifische Arbeitsgruppen, die aus je sechs bis acht Personen bestehen, so dass schlussendlich rund 70 Leute in den «Kernteams» der Kirchenreform 26/30 arbeiten werden. Interesse für diese Arbeitsgruppen zu wecken und mögliche Mitwirkende zu finden, war ein Ziel der Aufbruchveranstaltungen.

Das Ziel des Prozesses ist, die Kirche im Wissen um die gesellschaftlichen Megatrends neu auszurichten. «Megatrend» ist ein Beobachtungsmodell aus der Zukunftsforschung und zeigt auf, in welche Richtung sich das gesellschaftliche Umfeld verändert und welche Entwicklungen in den nächsten Jahrzehnten bestimmend sein werden. Diese Trends lassen sich weder ignorieren noch in irgendeiner Form aufhalten. Deshalb müssen sie in der Kirchenreform beachtet werden.

Nach dem Gottesdienst der Aufbruch zu den Arbeitsgruppen

Mit einem kurzen Gottesdienst, musikalisch begleitet von Sven Angelo Mindeci auf dem Akkordeon, wurde nach dem Informationsteil die Kirchenreform 26/30 eingeläutet. Im Zentrum stand das biblische Leitmotiv, das der Kirchenrat für den Prozess gewählt hat: Der Aufbruch von Abraham in ein unbekanntes Land, allein im Vertrauen auf Gottes Verheissung und Begleitung auf diesem Weg. Junge Aargauer Pfarrerinnen und Pfarrer stellten ihre Sicht dieses Bibeltextes vor und verknüpften sie mit den Reformgedanken der Aargauer Kirche.

Im Anschluss fand ein symbolischer Aufbruch statt: Aufstehen vom gemütlichen Platz in der warmen Kirche raus in die eigentliche Arbeit, meistens im Aussenbereich der Kirche, wenn es die Witterung zuliess. Die Teilnehmenden teilten sich auf fünf der acht Arbeitsgruppen auf und wurden von Mitgliedern des Kirchenrates und der Steuerungsgruppe in die Themen und Fragen der Arbeitsgruppe eingeführt und zu einer ersten Diskussionsrunde eingeladen. Dabei ging es noch nicht um vertiefte Gespräche, sondern darum, die Stimmung der Teilnehmenden einzufangen und Lust an der Auseinandersetzung mit den Thesen und Fragen zur Zukunft der Kirche zu wecken.

Herzblut überwindet Resignation

Die regen Diskussionen zeigten auf, welche Fragen und Anliegen die Teilnehmenden an die Aufbruchveranstaltungen mitbrachten. Viel Herzblut für die Kirche war spürbar, aber auch Resignation angesichts der gegenwärtigen Herausforderungen. Daher wird der Reformprozess allgemein begrüsst. Dass der Kirchenrat sich der vorgestellten Themen annimmt, trifft auf viel Zustimmung in den Kirchgemeinden.

Die wichtigste Erkenntnis aus den Aufbruchveranstaltungen ist das grosse Interesse an einer aktiven Beteiligung. Dies stehe – so einige kritische Stimmen – in Spannung zur geplanten Grösse der Arbeitsgruppen. Daher müssen also noch Formen gefunden werden, wie alle Interessierten am Prozess mitwirken können. Die in diesem Zusammenhang geplante Gesprächssynode im Frühjahr musste leider aufgrund der Coronapandemie abgesagt werden.

Die Steuerungsgruppe evaluiert nun in einem nächsten Schritt mit externen Fachleuten weitere Möglichkeiten, wie noch mehr Personen in den Prozess eingebunden werden können, damit die inhaltliche Arbeit wie geplant zu Beginn des Jahres 2022 aufgenommen werden kann.