Medienmitteilung – Angesichts der sich zuspitzenden Situation der Asylsuchenden und Flüchtlinge, die auf dem Mittelmeer und in Europa nach wie vor unterwegs sind, hat Kirchenratspräsident Christoph Weber-Berg im Mai dieses Jahres einen Aufruf an alle Kirchgemeinden und Mitarbeitenden gerichtet: «Engagieren Sie sich nach ihren Möglichkeiten für die Aufnahme von Flüchtlingen in ihrem Dorf, ihrer Stadt, im Kanton oder in unserem Land.
Es gehört zu unserem innersten Auftrag als Christinnen und Christen, im Geist des Evangeliums für Menschen da zu sein, deren Not grösser ist, als es sich die meisten von uns vorstellen können.» Daraufhin haben sich bisher zehn Kirchgemeinden oder Privatpersonen gemeldet, nachgefragt, Möglichkeiten abgeklärt und auch schon Einiges auf die Beine gestellt, von dem wir unten berichten.
Die zuständigen Stellen in den Landeskirchlichen Diensten haben allerdings
inzwischen feststellen müssen, dass sie auf diese Anfragen zu wenig gut vorbereitet waren. Manche Fragen waren noch nicht genügend abgeklärt, oder die Kirchgemeinden erhielten zu wenig Unterstützung. Deshalb haben die Landeskirchlichen Dienste jetzt für die Fragen aus den Kirchgemeinden zu Asyl, Flüchtlingen und Migration als Anlaufstelle die Fachstelle Weltweite Kirche, Sonja Zryd, bestimmt. Die Fachstelle soll Fragen und Möglichkeiten mit den kantonalen Stellen abklären und kann so den Kirchgemeinden konkreter Auskunft geben, was nötig ist, was vom Kanton bei Wohnraum für Asylsuchende erwartet wird und welche Bestimmungen zu beachten sind. Und
sie kann Kirchgemeinden bei dem nicht ganz unkomplizierten Prozess unterstützen, Wohnraum für Asylsuchende einzurichten. Ausserdem sammelt sie die Erfahrungen und guten Beispiele in Kirchgemeinden und Organisationen. So muss nicht mehr jede Kirchgemeinde für sich abklären, wie man beispielsweise einen Deutschkurs für Flüchtlinge organisieren kann, oder wie man Beschäftigungsmöglichkeiten für Asylsuchende in der Kirchgemeinde anbieten könnte und unter welchen Bedingungen.
Die Fachstelle Weltweite Kirche bittet alle Kirchgemeinden, ihre Angebote für
Menschen, die in die Schweiz kommen, seien dies Asylsuchende, Flüchtlinge oder auch fremdsprachige Migranten und Migrantinnen, mitzuteilen. So kann sie eine aktuelle Übersicht über die Vielzahl der Angebote führen und Kirchgemeinden mit ähnlichen Angeboten oder Vorhaben vernetzen, damit
sie Erfahrungen austauschen und zusammenarbeiten können.
Die Hilfsbereitschaft ist im Moment gross. Doch ein wie auch immer gearteter
Einsatz benötigt viele Absprachen und Bewilligungen. Vor allem wenn es um Wohnraum und Aufnahme von Asylsuchenden in Räumen der Kirchgemeinde
geht, sind die vorherige Absprache mit dem Gemeinderat und die sorgfältige Kommunikation in der eigenen Bevölkerung sehr wichtig. Auch dabei können die Fachstelle Weltweite Kirche und der Informationsdienst der Landeskirche die Kirchgemeinden unterstützen. Diese Prozesse ziehen sich oft über Monate hin, was viele engagierte hilfsbereite Hausbesitzer oder Kirchgemeinden abschrecken könnte. Um den langen Atem zu behalten und die verschiedenen Hürden zu nehmen, ist es sinnvoll, sich zu vernetzen und fachliche Unterstützung zu holen.
Zusammenarbeit mit Partnern im Asylbereich
Der Verein Netzwerk Asyl Aargau (www.netzwerkasyl.ch) organisiert seit vielen Jahren regionale Angebote wie «contact», um Asylsuchende mit
Deutschkursen, Internetzugang und Gesprächsmöglichkeiten zu unterstützen.
Die «contact»-Gruppe Muri beispielsweise erarbeitete mit Menschen
verschiedenster Herkunft ein Theaterstück. Der Verein Projekt BBB («Asyl
mit Bildung Begegnung Beschäfti gung») organisiert zusammen mit Freiwilligen Angebote für Flüchtlinge und Asylsuchende an Samstagnachmittagen. Solche Projekte könnten auch in Zusammenarbeit mit Kirchgemeinden organisiert werden. Die Anlaufstelle Integration Aargau (AIA) engagiert sich für Menschen, die eingewandert sind und berät auch Kirchgemeinden z. B. in den Bereichen Standortbestimmung, Aufbau von Netzwerken für Schlüsselpersonen, Aufbau von Informations- und Beratungsangeboten. In rechtlichen Fragen setzt sich die Regionalstelle HEKS AG-SO, mitfinanziert von der Landeskirche, immer wieder erfolgreich bei Rekursen gegen unberechtigte Ablehnungen von Asylanträgen ein. Caritas engagiert sich im sozialen Bereich für Flüchtlinge und hat viel Erfahrung zum Beispiel bei Kleiderspenden. Das alles sind Organisationen und Vereine, die sich seit vielen Jahren auf diesem Gebiet engagieren und für freiwillige Mitarbeit oder eine Spende dankbar sind. Die Fachstelle Weltweite Kirche hilft gerne bei der Kontaktaufnahme und der Planung von Angeboten zusammen mit diesen Organisationen.
Aktivitäten der Aargauer Kirchgemeinden
Noch nicht sehr viel, aber Einiges ist in den Kirchgemeinden bisher in Gang gekommen. Manche Initiativen sind erst in Abklärungen und können noch nicht publiziert werden. Die Kirchgemeinde Lenzburg hat eine 4-Zimmer-Wohnung im alten Pfarrhaus für Asylsuchende zur Verfügung gestellt. Eine Familie aus Syrien mit zwei kleinen Kindern ist dort vor kurzem eingezogen. Die Kirchgemeinde Buchs-Rohr hat eine Zeit lang eine leer stehende Wohnung im Pfarrhaus Buchs-Ausserdorf als Wohnraum für anerkannte Flüchtlinge zur Verfügung gestellt, bis die Räume von einem Kinderhort belegt wurden (siehe a+o Nr. 10, Oktober 2014, S. 8), und sie hat zwei anerkannte Flüchtlingsfrauen im Sigristendienst angestellt (siehe a+o Nr. 5, Mai 2015, S. 4). Ausserdem arbeitet sie mit dem HEKS-Projekt Gärten für Flüchtlingsfrauen in Buchs zusammen. Die Kirchgemeinde Suhr-Hunzenschwil wäre bereit, ein zurzeit leer stehendes altes Haus in Hunzenschwil für die Aufnahme von Flüchtlingen der politischen Gemeinde zur Verfügung zu stellen. Die Abklärungen haben aber gezeigt, dass die für die Aufnahme von Flüchtlingen nötigen Sanierungs- und Ausbauarbeiten sowie die feuerpolizeilichen Auflagen sehr hohe Investitionen erfordern würden, die für die Kirchgemeinde alleine nicht tragbar sind. Die Kirchgemeinde Rheinfelden plant zusammen mit dem Netzwerk Asyl Aargau niederschwellige Deutschkurse mit Hilfe von Freiwilligen. In enger Zusammenarbeit mit der Asylunterkunft am Schützenweg wird ein «Tag der offenen Tür» geplant, der Einblick in die Arbeit in einem Asylzentrum bieten soll und der Bevölkerung und den Flüchtlingen die Möglichkeit gibt, einander kennenzulernen. Auch mit dem HEKS-Projekt Familiengärten für Flüchtlingsfrauen in Rheinfelden besteht seit Jahren ein enger Kontakt.
Was Kirchgemeinden konkret tun können:
- Wohnraum anbieten, suchen oder vermitteln, in Absprache mit der politischen Gemeinde
- Auf kircheneigenen freien Grundstücken Platz für temporäre, mobile Wohn-Container anbieten
Deutschkurse - Begegnungsorte schaffen, z. B. zu Kaffee, Tee und Kuchen oder zum gemeinsamen Kochen einladen
- Mit dem HEKS-AG / SO abklären, ob es Parzellen im Ort gibt, die für Familiengärten für Flüchtlingsfrauen geeignet wären (HEKS-Projekt «Neue Gärten»)
- Gemeinsam mit Asylsuchenden und Flüchtlingen Gottesdienste vorbereiten und feiern (zum Beispiel rund um die kirchlichen Feste)
- Einen Einsatz im Rahmen des diakonischen Projekts «Wegbegleitung» für Asylbewerber oder Flüchtlinge abklären