Der Kirchenrat entwickelt zurzeit ein völlig neues Lohnsystem für alle Angestellten der Kirchgemeinden, das er im November 2021 der Synode vorlegen möchte.

Neues Lohnsystem für alle Angestellten der Kirchgemeinden geht in Vernehmlassung

Veröffentlicht am 27. November 2020

Medienmitteilung – Es soll Ungerechtigkeiten und Unklarheiten der bestehenden, sehr unterschiedlichen Systeme bereinigen und auf sieben einfachen Grundsätzen für alle Berufsgruppen beruhen wie vergleichbare Lohnstufen, Höchstlohn im gleichen Alter, Einstufung neu nach Altersjahren und Unterscheidung zwischen Mindestlöhnen für kirchenspezifische und Richtlöhnen für allgemeine Berufe.

Sekretrinnentagung9
Die Überprüfung der Funktionsprofile und Löhne der Sekretariatsmitarbeitenden hat den Prozess für ein neues einheitliches Lohnsystem angestossen – hier eine Tagung der Sekretariatsmitarbeitenden im September 2018 in Fislisbach. Susanne Bolliger

Der Kirchenrat hat beschlossen, im Januar 2021, zusammen mit der Befragung zu den neuen Eckwerten der Weiterbildung, eine Vernehmlassung zu einem neuen Lohnsystem für die Angestellten in den Kirchgemeinden durchzuführen. Zur Teilnahme eingeladen werden die Angestellten selbst, die Mitglieder der Kirchenpflegen sowie die Berufsverbände.

Der Bedarf, das heute sehr komplexen und für die verschiedenen Berufsgruppen sehr unterschiedliche Lohnsystem durch ein einheitliches System zu ersetzen, wurde 2018 durch die Rückmeldungen im Rahmen der Vernehmlassung zu den Funktionsprofilen und den Löhnen der Sekretariatsmitarbeitenden sichtbar. Sie zeigten im Ansatz, dass das Lohnsystem insgesamt, für alle Angestellten in den Kirchgemeinden, ungenügend ist. Durch weitere Prüfungen ergab sich eine lange Mängelliste, die in Zusammenarbeit mit einem auf Lohnfragen spezialisierten Beratungsunternehmen bearbeitet wurde. Die Arbeiten und Beratungen zeigten deutlich, dass die vielen Mängel nur doch ein komplett neues, für alle Beruf einheitliches Lohnsystem behoben werden können.

Keine Sparübung

Die Einführung des neuen Lohnsystems soll nach dem Willen des Kirchenrats keine versteckte Sparübung zu Lasten der Angestellten sein. Ebenso wenig soll sie aber zu versteckten Lohnerhöhungen und Mehrbelastungen der Kirchgemeinden führen. Das neue Lohnsystem soll sich möglichst kostenneutral verhalten. Dennoch ist es unvermeidlich, dass nach einem Systemwechsel einzelne Löhne höher und andere tiefer sind.
Ein Vergleich von Löhnen in verschiedenen Systemen ist schwierig. Ein direkter Vergleich von altem und neuem Lohn könnte nur individuell durch direkte Befragung von Angestellten bewerkstelligt werden. Dazu fehlt dem Kirchenrat aber die Befugnis, da die Mitarbeitenden von den Kirchgemeinden angestellt werden. Er hat deshalb mehrere Modellrechnungen in Auftrag gegeben und versucht, Abweichungen beim Lebenslohn auf höchstens zwei Prozent plus oder minus zu beschränken.

Mängel des bisherigen Systems: Rechtsunsicherheit, administrative Belastung, fehlende Systematik

Rechtsunsicherheit: Wegen unklarer Formulierungen und wegen des komplexen Verfahrens zur Einstufung in ein Dienstjahr, ist es schwierig, den Anfangslohn korrekt zu berechnen. Es besteht für die Kirchgemeinden ein latentes Risiko, mit Lohnnachforderungen konfrontiert zu werden, die viel Konfliktpotenzial enthalten und die Arbeit in der Kirchenpflege belasten können.

Administrativer Aufwand: Insbesondere die Pflicht, den Anfangslohn aufgrund von Dienstjahren zu verfügen, ist administrativ sehr aufwändig, weil die berufliche Laufbahn heute oft nicht gradlinig erfolgt und ihre Übersetzung in kirchliche Dienstjahre deshalb ein komplexes Unterfangen ist. Der Aufwand ist zwar schwer abzuschätzen, er dürfte aber auf Ebene Kirchgemeinde und Landeskirche (hier v.a. bei der Gemeindeberatung) zusammen mehrere hundert Stunden pro Jahr betragen.

Ungleiche Löhne der Geschlechter: Weil Frauen die Jahre, während derer sie infolge von Mutterschaft nicht erwerbstätig sind oder sein können, nur zur Hälfte an den Dienstjahren anrechnen dürfen, haben sie im Vergleich mit ihren männlichen Kollegen im gleichen Alter und in der gleichen Funktion oft einen geringeren Lohn. Eine Pfarrerin zum Beispiel, die sich acht Jahre der hauptamtlichen Familienarbeit widmete, verdient rund 2500 Franken weniger als ein Pfarrer.

Fehlende Systematik: Die einen Berufsgruppen werden nach Funktion (Ordinierte, Katechetik), andere nach Ausbildung (Kirchenmusik), wieder andere nach Verantwortung oder Aufgaben (Sekretariat, Sigristendienst) entlöhnt. Der Höchstlohn wird in sehr unterschiedlichen Altersjahren erreicht. Eine Sekretärin kann den Höchstlohn schon mit 35 Altersjahren erreichen, ein Pfarrer – bedingt durch die vergleichsweise lange Ausbildungszeit und die grössere Zahl der Lohnstufen – hingegen erst mit über 50. Der Lohn ist zum Teil abhängig vom Alter (Kirchenmusik), zum Teil von Dienstjahren (alle anderen). Die Differenz zwischen Anfangslohn und höchstem Lohn variiert von Funktion zu Funktion zwischen 31% und 17%. Einigen Angestellten wird die effektive Präsenzzeit entlöhnt (Sekretariat, Sigristendienst), anderen die kalkulierte (Kirchenmusik, Katechetik), wieder andere erhalten einen Lohn ohne Nachweis der Arbeitszeit (Ordinierte). Die Zahl der Lohnstufen ist sehr unterschiedlich. Bei den Ordinierten erstrecken sich 13 Lohnstufen über 25 Jahre, bei den Nicht-Ordinierten sind es vier Lohnstufen über 15 Jahre. Die Unterschiedlichkeit der Lohnstufen verunmöglicht einen transparenten Lohnvergleich.

Unvollständigkeit: Kirchgemeinden möchten immer wieder Mitarbeitende anstellen, für welche das bisherige Lohnsystem keine Löhne kennt, zum Beispiel eine Jugendarbeiterin oder einen Gemeindearbeiter (ohne Ausbildung in Sozialdiakonie), eine Reinigungsfachkraft oder einen Hauswart.

Mindestlöhne: Die Vorschreibung von Mindestlöhnen für alle Mitarbeitenden in den Kirchgemeinden blendet das regionale Marktumfeld aus. Eine Fachkraft in einer ländlichen Gemeinde hat Anspruch auf den gleichen Mindestlohn wie in einer Stadtgemeinde, wo auf dem freien Arbeitsmarkt höhere Löhne bezahlt werden.

Löhne nach der Pensionierung: Sie bemessen sich an der höchsten Lohnstufe. Da Arbeit nach der Pensionierung oft als Stellvertretung mit entsprechend weniger Verantwortung geleistet wird, ist dies fragwürdig.

Sieben Eckwerte des neuen Lohnsystems

Der Kirchenrat möchte das neue einheitliche Lohnsystem mit folgenden Eckwerten bilden:

  1. Die Einstufung erfolgt nach Altersjahren und nicht nach Dienstjahren
  2. Alle Funktionen kennen 25 Lohnstufen, die alle prozentual gleich
  3. Alle Funktionen erreichen den Höchstlohn im Alter von 50 Jahren
  4. Für alle Berufsgruppen, für die keine kirchliche Ausbildung und Beauftragung vorausgesetzt ist und für die es ein Stellenmarkt ausserhalb der Kirche gibt (Sekretariat, Sigristendienst, Kirchenmusik), gelten Richtlöhne, die aufgrund der Marktsituation lokal angepasst werden können
  5. Für alle Berufsgruppen, die eine kirchliche Ausbildung und Beauftragung voraussetzen und es keinen Stellenmarkt ausserhalb der Kirche gibt (Ordinierte Dienste, Katechese), gelten Mindestlöhne. Die Geltung der Mindestlöhne erlischt jedoch mit der ordentlichen Pensionierung
  6. Ab der ordentlichen Pensionierung gelten für alle Berufsgruppen Richtlöhne. Sie bemessen sich am Lohn im Alter von 40 Jahren
  7. Die fehlenden Funktionen werden zu bestehenden Funktionen in Relation gesetzt (Beispiel: Reinigungsarbeit entspricht 90% des Sigristendienstes).

Weiteres Vorgehen

Die Teilnahme an der Vernehmlassung wird bis Ende Februar möglich sein. Ein Link für die Teilnahme wird den Betreffenden rechtzeitig per E-Mail zugestellt sowie in der Januar-Ausgabe des a+o veröffentlicht. Aufgrund der Rückmeldungen wird das neue Lohnsystem allenfalls modifiziert. Anschliessend folgen Arbeiten zur Anpassung der betroffenen Gesetzestexte (namentlich im DLD und DLM) mit dem Ziel, die Änderungen der Herbstsynode 2021 zum Beschluss vorzulegen. Die Inkraftsetzung ist auf den Beginn der neuen Amtsperiode am 1. Januar 2023 geplant. Eine Übergangsfrist mit Besitzstandswahrung soll während vier Jahren gelten.

verfasst von
David Lentzsch, Personalentwicklung