Dank der Integration der ökumenisch verantworteten Seelsorge in die Teams der Spitäler, Kliniken und grossen Pflegeheime stehen Seelsorgende als Ansprechpersonen nicht nur für Patientinnen und Patienten sowie deren Angehörige zur Verfügung – unabhängig von deren Weltanschauung und Religionszugehörigkeit –, sondern auch für die Mitarbeitenden bei persönlichen Problemen sowie bei ethisch schwierigen Entscheidungssituationen. Die aktuelle Evaluation zeigt, dass sich diese Organisationsform bewährt.
Die Seelsorge war und ist Teil des Angebots im Gesundheitswesen – und sollte dies auch in Zukunft sein. Aus meiner persönlichen Perspektive ist sie wichtig und leistet einen grossen Mehrwert.
Historische Entwicklung
Das Erfolgsmodell hat seine Wurzeln in der ökumenischen Zusammenarbeit der Spitalseelsorge der grossen kantonalen Spitäler in den 1970er Jahren. 1973 trat das «Abkommen über die Seelsorge in den kantonalen Krankenhäusern zwischen der reformierten und der römisch-katholischen Landeskirche einerseits und dem Staat Aargau anderseits» in Kraft. Dies bildete die Basis, um die Seelsorge schrittweise in die Teams der Spitäler zu integrieren. Seit 2014 wurde das derzeitige Modell der «ökumenisch verantworteten Seelsorge im Gesundheitswesen» entwickelt und 2019 durch einen Vertrag formalisiert – unterzeichnet durch die evangelisch-reformierte, die römisch-katholische Landeskirche und das Bistum Basel. Seither übernehmen beide Landeskirchen gemeinsam die strategische und operative Leitung sowie die Qualitätssicherung und Weiterentwicklung der «ökumenisch verantworteten Seelsorge im Gesundheitswesen». Derzeit sind Seelsorgende mit 2200 Stellenprozenten in und für die Einrichtungen des Gesundheitswesens im Aargau aktiv. Als Basis für die Weiterentwicklung wurde im Herbst 2023 eine externe Evaluation in Auftrag gegeben, für die Seelsorgende in den Institutionen des Gesundheitswesens und in Kirchgemeinden anonym befragt sowie Interviews mit Fachleuten der Institutionen, der Verwaltung und des Kantons geführt wurden.
Dank der ökumenisch verantworteten Seelsorge tritt die Seelsorge als Einheit auf. […] Man kennt einander, das senkt die Hemmschwelle. Wir arbeiten daran, die Seelsorge noch früher einzubeziehen.
Positive Resultate der Evaluation
Die Resultate der externen Evaluation liegen seit August 2024 vor und sind durchwegs positiv: Die Ziele wurden erreicht bzw. sogar übertroffen. Die Integration in die Institutionen ist gelungen. Verfügbarkeit und Präsenz der Seelsorge wurden verbessert, Kommunikation und Abläufe erleichtert, personelle und finanzielle Ressourcen gezielter eingesetzt. Insgesamt wurde die Seelsorge als Profession im Gesundheitswesen gestärkt. Für die Spital-, Klinik-, und Heimseelsorgenden hat sich das Modell bewährt. Sie sind mit der Führungskultur, Teamkultur, wie auch mit der Kommunikation und den Abläufen zufrieden. Klare Strukturen und die Nutzung von Synergien ermöglichen es, glaubwürdig und professionell aufzutreten. Einzige Schwierigkeit seien die unterschiedlichen Anstellungsbedingungen – nach katholischem oder reformiertem Personalreglement. Auch konfessionslose Personen stünden der ökumenischen Spitalseelsorge mehrheitlich offen gegenüber. Der Wunsch einen Seelsorgenden der eigenen Konfession (oder einer anderen Religion) zu sehen, wurde nur von sehr wenigen Menschen geäussert.
Es ist eine Einheit entstanden: klares Konzept, klares Profil, Gesichter zu den Namen. Man weiss, an wen man sich wendet. Die Zusammenarbeit ist sehr gut.
Zukünftige Entwicklungsperspektiven
Diese erfolgreiche Entwicklung soll fortgeführt werden: Seelsorge soll zukünftig noch stärker in die betrieblichen Abläufe der Spitäler und Heime integriert und ausgebaut werden, um den stetig steigenden Bedarf zu decken. Die Seelsorge als spezialisierte Spiritual Care mit interreligiöser Kompetenz wird sich langfristig zu einem Beruf im Gesundheitswesen entwickeln. Das Berufsprofil der Seelsorgenden – in der Spannung zwischen konfessioneller und professioneller Identität – sowie hinsichtlich möglicher Spezialisierungen muss dafür sorgfältig weiterentwickelt werden. Bisher garantieren die beiden Landeskirchen die Glaubwürdigkeit und Qualität der Seelsorge. In einer zunehmend multireligiösen und vor allem säkularen Gesellschaft muss die Qualitätssicherung zukünftig breiter abgestützt sein. Mit dem Konzept «Kompetenz vor Konfession» wird eine Diskussion über unterschiedliche Bildungswege und die weltanschauliche Offenheit ermöglicht.
Auch schweizweit wird die Seelsorge im Gesundheitswesen weiterentwickelt: Der im März 2022 gegründete Berufsverband Seelsorge im Gesundheitswesen (bsg-apa.ch) entwickelt das Berufsbild weiter und definiert Qualitätskriterien. Eine nationale ökumenische Koordinationsstelle «Seelsorge im Gesundheitswesen» soll die Vernetzung der Kantonalkirchen untereinander und mit dem Gesundheitswesen verbessern, die Interessenvertretung gegenüber Bundesbehörden und Institutionen stärken und sich für gute Rahmenbedingungen für die Seelsorge im Gesundheitswesen einsetzen. Vertreterinnen und Vertreter der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz (EKS), der Schweizerischen Bischofskonferenz (SBK) und der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz der Schweiz (RKZ) werden am 4. Dezember in Engelberg gemeinsam den Vertrag zur Schaffung dieser Koordinationsstelle unterzeichnen.
Die ökumenisch verantwortete Seelsorge ist in folgenden Einrichtungen präsent.Die Seelsorge ist nicht reformiert oder katholisch, sondern es geht um die spirituellen Fragen. Die Zugehörigkeit zu einer Kirche oder Kirchgemeinde steht nicht im Vordergrund. Man muss sich nicht positionieren. So spricht die Seelsorge die gleiche Sprache wie das Gesundheitswesen.