Medienmitteilung – 76 Frauen und vier Männer erhielten am 24. November in einem feierlichen Rahmen im Kultur- und Kongresshaus Aarau ihre Zertifikate für den erfolgreichen Abschluss der Ausbildung Palliative Care und Begleitung der Aargauer Landeskirchen. Viele von ihnen werden künftig als freiwillige Helfer in der Sterbebegleitung im Einsatz stehen. Prof. Dr. Gian Domenico Borasio gab in seinem Referat «spannende Einblicke in die Welt der Palliative Care».
Begonnen hat alles vor gut sechs Jahren. Damals entschloss sich die Reformierte Landeskirche Aargau, die Sterbebegleitung in ihr Angebot aufzunehmen und dafür gezielt Personen auszubilden. 2015 sind die Römisch-Katholische und die Christkatholische Landeskirche als Partnerinnen in die Trägerschaft eingestiegen und unterstützen das ökumenische Aus- und Weiterbildungsangebot von Palliative Care und Begleitung. Seit 2015 subventioniert sogar der Kanton Aargau die Teilnehmerbeiträge an den Ausbildungen.
Die Spitalpfarrerin Dr. theol. Karin Tschanz entwickelte im Auftrag der Landeskirchen einen mehrstufigen Lehrgang, der gemäss den Richtlinien von palliative ch durchgeführt wird und den sie seither als Ausbildungsleiterin führt. «Die Nachfrage auf dem Gebiet der Palliative Care und Begleitung nimmt stetig zu, und wir brauchen immer mehr ausgebildetes Fachpersonal», so Karin Tschanz.
80 neue Fachkräfte ausgebildet
Am 24. November sind 80 neu ausgebildete Freiwillige und medizinische Fachpersonen dazugekommen. 76 Frauen und vier Männer haben in diesem Jahr entweder den Ausbildungskurs A2, der in Begleitpersonen (14 Absolventen) und Fachpersonen (46 Absolventen) unterteilt wird, oder den Vertiefungskurs B1 (20 Absolventen) erfolgreich abgeschlossen. Anlässlich der Zertifizierungsfeier am 24. November im Kultur und Kongresshaus in Aarau durften sie ihre Diplome aus der Hand der Kursverantwortlichen und der Kirchenleitung in Empfang nehmen.
Im Rahmen der Ausbildung mussten die Absolventinnen und Absolventen neun (A2) oder zehn (B1) Ausbildungstage besuchen und zusätzlich 28 Praktikumsstunden leisten. Viele leisteten jedoch bedeutend mehr, so dass die 80 Ausgebildeten insgesamt 2380 Stunden für die Begleitung von schwerkranken und sterbenden Personen eingesetzt und dabei die nötige praktische Erfahrung gesammelt haben.
Nachfrage steigt stark an
Und bald schon kommen weitere Stunden dazu, denn die meisten Absolventinnen und Absolventen stellen sich als freiwillige Helfer zur Verfügung. «35 der 80 Absolventen werden Teil des Palliative Care Begleitdienstes der Aargauer Landeskirchen und mindestens 20 weitere werden das Gelernte in anderen Organisationen wie der Spitex, dem Hospitz oder auch in Altersheimen und Spitälern anwenden können», freut sich Karin Tschanz.
Der Palliative Care-Begleitdienst der Aargauer Landeskirchen zählt damit neu 155 freiwillige Helferinnen und Helfer. Sie werden dringend gebraucht, denn 2016 wird die Anzahl der geleisteten Stunden des Begleitdienstes bis Ende Jahr um rund 25 Prozent auf 7200 Stunden ansteigen. Der Begleitdienst kann mit seinen freiwilligen Mitarbeitenden den ganzen Kanton Aargau flächendeckend betreuen und arbeitet mit verschiedenen Institutionen zusammen.
Spannender Einblick in die Welt der Palliative Care
«Ist die Palliative Care die Medizin der Zukunft? » Mit dieser Frage befasste sich der bekannte Palliative Care-Fachmann Prof. Dr. Gian Domenico Borasio in seinem Referat anlässlich der Zertifizierungsfeier der Aargauer Landeskirchen. Borasio versteht es, die Zuhörer in seinen Bann zu ziehen. Und Zuhörerinnen hatte der gebürtige Italiener, der als Professor für Palliativmedizin an der Universität Lausanne tätig ist und im Kantonsspital Lausanne todkranke Patienten begleitet, im Kultur und Kongresshaus Aarau mehr als genug. Der grosse Saal war bis auf den letzten Platz gefüllt. Mit einer gelungenen Mischung aus Humor und Ernsthaftigkeit und zahlreichen Anekdoten aus seinem Arbeitsalltag bot Borasio spannende Einblicke in die Welt der Palliative Medizin.
Bedeutung von Palliative Care wächst
Der 54-Jährige skizzierte das Grundproblem des heutigen Gesundheitssystems: «Einerseits wird unsere Gesellschaft immer älter, und andererseits wird in den nächsten 15 Jahren die Anzahl der Todesfälle um 25 Prozent ansteigen. Aber darauf ist unser Gesundheitssystem überhaupt nicht vorbereitet.» Aus diesem Grund misst Borasio der Palliative Care künftig eine deutlich grössere Bedeutung zu und ist überzeugt, «dass Palliative Care für alle im Gesundheitswesen tätigen Personen zentral werden wird.» Besonderen Wert legte Borasio darauf, dass im Palliative-Ansatz der Patient mit seinen Ängsten, Sorgen und Wünschen im Zentrum der Behandlung steht. Mehrere eindrückliche Beispiele aus seiner Praxis untermauerten dies.
Zum Abschluss richtete sich Gian Domenico Borasio persönlich an die 80 Absolventinnen und Absolventen von Palliative Care und Begleitung der Aargauer Landeskirchen: «Ich wünsche Ihnen Mut, Demut und Achtsamkeit für Ihre Arbeit. Sie sind ein wesentlicher Bestandteil der Zukunft unseres Gesundheitswesens.»