Medienbericht von der Synode am 11. November 2009 – LANGE Version

Reformierte Landeskirche geht auf Partnersuche für das Tagungshaus Rügel

Veröffentlicht am 11. November 2009

Medienmitteilung – Am Mittwoch hat die Synode, das Parlament der Reformierten Landeskirche Aargau nach jahrelangen Diskussionen überraschend einmütig einen ersten klaren Entscheid zur Zukunft ihres Tagungshauses Rügel bei Seengen getroffen: Der Kirchenrat soll Partner suchen und vorschlagen, mit denen es «in geteilter Verantwortung» mit einem neuen Themenschwerpunkt betrieben werden kann.

Zuvor verabschiedeten die 151 Synodalen im Grossratssaal in Aarau die Präambel zur neuen Kirchenordnung und das Budget 2010 der Landeskirche. Ausserdem stimmten sie der Weiterführung der ökumenischen Fachstelle an der Fachhochschule Nordwestschweiz und der Stiftungsprofessur in Basel zu.

Synodale im Grossratssaal in Aarau, vor der Sitzung Frank Worbs

Vor fast genau zwei Jahren hatte die Synode am selben Ort den Kirchenrat beauftragt, verschiedene Varianten einer Zweckänderung für das Tagungshaus der reformierten Kirche auf dem Rügel bei Seengen zu erarbeiten. Nach intensiven Diskussionen im Kirchenrat und in einer beauftragten Arbeitsgruppe unter Leitung der Kirchenratspräsidentin Claudia Bandixen lagen der Synode nun drei Modelle vor: Betrieb wie bisher in alleiniger oder neu in «geteilter Verantwortung» oder Veräusserung des «Rügels». Nach überraschend kurzer Diskussion mit nur sieben Wortmeldungen stimmte die Synode mit wenigen Gegenstimmen dem vom Kirchenrat empfohlenen, zweiten Modell, «geteilte Verantwortung», zu. Damit beauftragte sie den Kirchenrat, bis Mitte 2011 für das Tagungshaus Rügel mögliche Partner zu suchen und zwei bis drei ausgearbeitete Partnerschaftskonzepte der Synode vorzulegen.

Keine Chance hatte dagegen ein Antrag von Walter Landolt, Niederlenz, der, unterstützt von Ursula Merz, Gebenstorf, diesen Auftrag dahingehend ergänzen wollte, dass – gemäss dem ersten der drei Modelle – «zusätzlich ein gleichwertiges Modell zum Betrieb in Alleinverantwortung auszuarbeiten und der Synode zum Entscheid vorzulegen» sei. Hans-Peter Tschanz, Oberrohrdorf, brachte offensichtlich die Meinung vieler Synodaler mit der Bemerkung auf den Punkt, dass wer einen Partner oder Partnerin suche, also quasi «heiraten» wolle, sich nicht gleichzeitig vorbehalten könne, eventuell auch allein zu bleiben. «Keine Partnerin würde darauf einsteigen.»

Lutz Fischer-Lamprecht, Wettingen, wünschte sich noch mehr Mut vom Kirchenrat, auch ganz andere Modelle zu denken, wie die Freiburger Kirche, die aus ihrem reformierten Bildungshaus in Charmey eine Stiftung gemacht hat, die von interessierten Kirchgemeinden und Privatpersonen betrieben wird. Er unterstütze aber den Antrag des Kirchenrates, weil dieser «Bewegung in die Frage» bringe.
Beim neuen Modell «geteilte Verantwortung» wird der Rügel zukünftig als Tagungshaus mit einem speziellen Themenschwerpunkt betrieben, der aus der Zusammenarbeit mit einer Partnerorganisation resultiert. Dabei soll der Rügel auch weiterhin für die Öffentlichkeit und kirchliche Aktivitäten im Sinne eines «Gast-Hauses» zugänglich bleiben. Personal- und Betriebskosten und Anpassungen der Infrastruktur werden von der Landeskirche und dem Partner aufgeteilt und gemeinsam getragen. Mit drei Organisationen ist die Landeskirche bereits unverbindlich im Gespräch, sechs weitere sind zu Gesprächen bereit. Als Themenschwerpunkte sollen gemäss Synodevorlage «Jugendarbeit» oder «Kirche und Wirtschaft» angestrebt werden.

Die Variante Verkauf oder Verpachtung hat sich in der Evaluation als schwächste Variante erwiesen und wurde in der Diskussion nicht verfolgt. Die Evangelische Fraktion, vertreten durch Roland Frauchiger, Thalheim, wollte diese Perspektive aber nicht ausschliessen und ergänzte die Anträge des Kirchenrates, die sie befürwortete, mit zwei weiteren, die von der Synode mit grosser Mehrheit angenommen wurden: Bis Ende 2012 sollen keine Verpflichtungen eingegangen werden, die einen Verkauf des Tagungshauses behindern würden. Und: wenn keine Partnerschaft realisiert werden kann, soll das Geschäft spätestens im Frühjahr 2012 mit allen Optionen noch einmal vor die Synode kommen.

Die Grundlagen der reformierten Kirche in der Kirchenordnung

Die neue Kirchenordnung bekommt im Gegensatz zur alten eine Präambel, eine Einleitung, die mit kurzen, prägnanten Sätzen die Grundlagen der Reformierten Landeskirche Aargau beschreibt. Sie beruht auf dem Organisationsstatut, das die Landeskirche als «Teil der weltweiten Christenheit … zusammen mit den Kirchen der Reformation» beschreibt.

Die von der Synode ohne Änderungen verabschiedete Präambel beginnt mit den Worten: «Das ist der tragende Grund unserer Kirche: Die allumfassende Liebe Gottes, wie sie sich in Jesus Christus offenbart. Und der Glaube an den dreieinigen Gott. Der tragende Grund der Reformierten Landeskirche Aargau. Unsere Kirche ging aus der Reformation hervor und erneuert sich stets aus der Bibel im Dialog.»
Kirchenratspräsidentin Claudia Bandixen plädierte in ihrem Eingangsvotum für eine möglichst einheitliche sprachliche Form der Präambel: « Die Präambel ist inhaltlich zentral, ohne dass sie den ganzen Reichtum unseres christlichen Glaubens aufnehmen kann und will. Sie ist bewusst in einer anderen Sprache abgefasst, als die karge und juristisch eindeutige Sprache der übrigen Kirchenordnung.» Aufgrund der ausführlichen Diskussionen im Vorfeld der Synode über die kunstvolle Sprache der Präambel, die vom Aargauer Schriftsteller Max Dohner formuliert wurde, war die sprachliche Form kein grosses Thema mehr.

In der Diskussion brachten die Synodalen Thomas Hurni, Martin Richner und Susanne Ziegler zusätzliche Inhalte und Formulierungen ein, die den Bezug auf die Heilige Schrift, die Bedeutung des Evangeliums oder die Ökumene bzw. die «sichtbare Einheit der Kirche» (Richner) stärker betonen wollten.
Roland Frauchiger von der Koordinationskommission der Kirchenordnungsrevision wandte sich gegen einzelne Korrekturen und gab der Präambel in der jetzigen Form «die Note 5». Sie sei nicht perfekt, aber die Theologen hätten in 2000 Jahren auch keine einheitliche Theologie zustande gebracht. Deshalb plädiere auch er für die Verabschiedung der unveränderten Präambel in sprachlich einheitlicher Form.
Diesem Wunsch kam die Synode dann bei den Abstimmungen kurz vor dem Mittagessen auch nach. Die drei alternativen Versionen der Präambel fanden keine Mehrheit im Vergleich zum kirchenrätlichen Entwurf, der schliesslich mit nur einer Gegenstimme verabschiedet wurde.

Budget 2010 mit Ertragsüberschuss

Das Budget 2010 der Zentralkasse der Landeskirche mit einem vorgesehenen Ertragsüberschuss von 264 200 Franken wurde nach zusätzlichen Erläuterungen des Kirchenrates zu einzelnen Posten einstimmig angenommen. Bei einem gleich bleibenden Zentralkassenbeitrag der Kirchgemeinden von 2,4 Prozent sieht es Ausgaben in Höhe von 11 447 100 Franken und Einnahmen in Höhe von 11 711 300 Franken vor. Hans Rösch, für Finanzen zuständiger Kirchenrat, betonte, dass der Anstieg der 2010 zu erwartenden Beiträge der Kirchgemeinden aussergewöhnlich und vermutlich einmalig sei. Deshalb wolle der Kirchenrat einen Ertragsüberschuss ausweisen, den man in den nächsten Jahren bei den aufgrund der aktuellen Wirtschaftskrise sinkenden Steuereingängen gut brauchen könne.

Weiterführung der Fachstelle «Religion Technik Wirtschaft» in Windisch und einer Stiftungsprofessur in Basel

Einstimmig hat die Synode die Weiterführung der ökumenischen Fachstelle «Religion Technik Wirtschaft» auf dem Campus Brugg-Windisch der Fachhochschule Nordwestschweiz bis Juli 2013 mit einem Stellenpensum von 60% beschlossen. Seit April 2007 leitet Dr. Asha De, Physikerin und Pfarrerin, die Fachstelle in Windisch, die inzwischen sehr gut mit den Akteuren und Angeboten der Fachhochschule vernetzt ist. Auch die Seelsorge der Pfarrerin wird von den Studierenden immer wieder gesucht. Die beiden Landeskirchen tragen die Kosten von 140 000 Franken pro Jahr je zur Hälfte.

Ausserdem wird die Stiftungsprofessur für Mission, Ökumene und interkulturelle Gegenwartsfragen an der Theologischen Fakultät der Universität Basel im Umfang von 100% bis 2015 weiterhin mit einem jährlichen Beitrag von höchstens 48 000 Franken unterstützt. Die Beiträge werden aus dem Stipendienfonds finanziert.
Die vorgeschlagenen Anpassungen der Dienst- und Lohnreglemente für die ordinierten Dienst- und Lohnreglement für die ordinierten Dienste (DLD, SRLA 371.300) und für nicht ordinierte Mitarbeitende der Kirchgemeinden (DLM, SRLA 371.400) wurden ohne Diskussion angenommen. Sie dienen der Aktualisierung und Harmonisierung der kirchlichen Personalreglemente. Vergleichbare Bestimmungen wurden konsequent aufeinander abgestimmt.

Wahlen

In die Verwaltungskommission der Pensionskasse der Reformierten Landeskirche wurde der Synodale Roland Frauchiger, Thalheim, als Vertreter der Arbeitgeber mit allen gültigen Stimmen gewählt. Roland Frauchiger, geb. 1960, ist selbstständiger Anbieter von Managementservices und Beratungen und seit 1991 Kirchenpflegepräsident in Thalheim. Der Synodale Daniel Hess, Pfarrer in Auenstein, Mitglied der Koordinationskommission der Kirchenordnungsrevision, wurde – ebenfalls mit allen Stimmen – in die Geschäftsprüfungskommission der Synode gewählt. Seine Kandidatur wurde von drei Fraktionen unterstützt.
Für die zwei freien Sitze in der Herausgeberkommission der Zeitung «reformiert.» kandidierten drei Personen. Die Evangelische Fraktion portierte Ruth Imhof, Möhlin, die Synodefraktion Lebendige Kirche Pfarrer Ueli Kindlimann, der nicht Mitglied der Synode ist, und die Fraktion der Fraktionslosen schlug Monika Eisenhuth, Seengen, zur Wahl vor. Gewählt wurden Ruth Imhof mit 126 Stimmen und Ueli Kindlimann mit 115 Stimmen.

verfasst von
ria / Frank Worbs