Qualifizierte Begleitung am Krankenbett, Reformierte Landeskirche zertifiziert die ersten 16 Ehrenamtlichen für Palliative Care

Veröffentlicht am 24. März 2011

Medienmitteilung – 16 Teilnehmerinnen haben am 23. März ihren Lehrgang in «Palliative Care und Begleitung», den die Reformierte Landeskirche Aargau organisiert und finanziert hat, mit einem Zertifikat abgeschlossen. Weitere 80 Personen sind in Ausbildung.

Kirchenratspräsidentin Claudia Bandixen dankte den Absolventinnen anlässlich einer Feier im voll besetzten Saal im Bullingerhaus in Aarau für ihre Bereitschaft, Menschen in der letzten Lebensphase «kompetent, fachlich sauber und menschlich» zur Seite zu stehen, und überreichte ihnen ein Zertifikat, das von Palliative.ch, der Schweizerischen Gesellschaft für Palliative Medizin, Pflege und Begleitung, anerkannt wird. Damit sind sie befähigt, zusammen mit Ärztinnen und Ärzten, Pflegefachpersonen, Seelsorgerinnen und Seelsorgern schwer kranke und sterbende Menschen und deren Angehörige zu begleiten. Dieser Dienst ist wichtig und gefragt: Viele Patientinnen und Patienten haben ein zusehends schwächeres Netz von Verwandten und Freunden. Darüber hinaus schätzen sie eine spirituelle Begleitung. Die Reformierte Landeskirche Aargau führt mit ihrem Einsatz für Kranke und Betagte eine uralte christliche Tradition in zeitgemässer Form weiter. Sie hält das Anliegen für so zentral, dass sie in den nächsten beiden Jahren 240‘000 Franken dafür aufwendet.

Vielseitige Ausbildung

Die frisch Zertifizierten beschreiben ihre Motive für die Ausbildung mit «Hintergrundwissen aneignen über unheilbare oder sterbende Personen»,
«spirituelle Begleitung lernen» oder mit dem «Interesse, mich mit dem letzten aller Dinge, dem Sterben, zu befassen». Bei manchen steht die
eigene Erfahrung, z.B. mit der monatelangen Begleitung der Grosseltern, im Hintergrund.

Für das Erreichen des Zertifikats haben die Absolventinnen während guteinem Jahr insgesamt 60 Stunden Unterricht besucht und 28 Stundenpraktische Arbeit in Alters- und Pflegeheimen und in Haushaltengeleistet. Zu den zwölf Dozierenden gehören neben Fachleuten fürPalliative Care wie Dr. med. Roland Kunz und Matthias Mettner auchTheologen wie Prof. Dr. Ralph Kunz und Prof. Dr. Christoph Morgenthaler.

Die Inhalte des Lehrgangs wurden über Kurseinheiten, Themenabende und Gruppenunterricht vermittelt und reichten von medizinischem Fachwissen
über rechtliche, theologische und ethische Fragen, über Kommunikation, spirituelle Begleitung und pflegerische Handreichungen bis zu den
wesentlichen Grundsätzen von Palliative Care. Diese hat stets den ganzen Menschen mit seiner Lebensgeschichte im Auge und umgibt ihn mit einer
ganzheitlichen Pflege gleichsam mit einem Mantel (lateinisch pallium). Die sorgsame Begleitung soll den Kranken die Aussicht eröffnen, in Trauer, Schmerz und Hoffnungslosigkeit ihr Selbstwertgefühl wiederzufinden. Die Supervision war Fallbesprechungen gewidmet und förderte die Auseinandersetzung der Teilnehmenden mit sich selbst, mit Gesundheit und Krankheit, mit Sterben und Tod, mit Quellen und Grenzen der Kraft.

Im Verlauf des Jahres werden 80 weitere Teilnehmerinnen und Teilnehmer die von Pfarrerin. Karin Tschanz geleitete Ausbildung abschliessen, entweder wie ihre frisch diplomierten Kolleginnen mit dem Zertifikat A2, das vor allem für Freiwillige – etwa in den kirchlichen Besuchsdiensten oder in Spitälern, Pflegezentren und Altersheimen – gedacht ist, oder mit dem Zertifikat B1, das auf Fachpersonen aus den Bereichen Medizin, Pflege, Sozialarbeit, Psychologie und Seelsorge zugeschnitten ist.

Weiterer Ausbau der Seelsorge

Vor allem in kantonalen Spitälern und Kliniken leistet die Landeskirche Seelsorge. Dort haben die verantwortlichen Seelsorgerinnen und Seelsorger Sterbebegleitgruppen aufgebaut und Aus- und Weiterbildungen organisiert. Für die meisten kommunalen und regionalen Alters- und Pflegeheime und für Menschen, die zu Hause sterben wollen, sind die Pfarrerinnen und Pfarrer der Kirchgemeinden zuständig. Für diese ist es aber unmöglich, alle schwer Kranken und Sterbenden zu begleiten. Gerade da werden viele Absolventinnen des Lehrgangs zum Einsatz kommen. Eine Teilnehmerin umreisst ihre Perspektive nach der Ausbildung so: «In meiner alltäglichen Arbeit in einer Privatspitex kann ich nun mein neues Wissen eins zu eins anwenden. Daneben werde ich beim Aufbau einer freiwilligen Besuchergruppe mitarbeiten.»

Die Reformierte Landeskirche bildet aber die Begleiterinnen nicht nur aus, sondern sie betreut sie auch in ihrer Praxis. Geplant ist eine mit 40 Stellenprozenten dotierte Koordinationsstelle, die ihre Weiterbildung sichert, sie mit den anderen Diensten, die im Bereich Palliative Care tätig sind, vernetzt und die Verbindung mit der Seelsorge in den Kirchgemeinden gewährleistet. Ein neuer Ausbildungskurs mit 12 Teilnehmerinnen hat eben begonnen. Der nächste Lehrgang startet am 9. August 2011.

Weitere Informationen auf www.ref-ag.ch/seelsorge_soziale-fragen/palliative-begleitung/index.php