Medienmitteilung – 136 Synodale der Reformierten Landeskirche Aargau haben am Mittwoch im Grossratssaal in Aarau ein Zeichen für Seelsorge als 2000 Jahre alten Kernauftrag der Kirche gesetzt. Es werde zwar in bestimmten Lebenssituationen heute von «Palliative Care» gesprochen, die reformierte Kirche wird aber mit ihrer qualitativ hochstehenden Seelsorge und der kirchlichen Ausbildung zur Sterbebegleitung einen wesentlichen Beitrag zu «Palliative Care» leisten.
Ausserdem hat das reformierte Kirchenparlament abschliessend die Gesamtrevision der Kirchenordnung beraten sowie ein Reglement für den neuen Fonds zur Förderung von Massnahmen zum Schutz des Klimas und der Schöpfung und den Voranschlag 2011 mit einem Ertragsüberschuss verabschiedet. Der Kirchenrat informierte mündlich über die laufenden Verhandlungen mit zwei Partnern zur Zukunft des Tagungshauses Rügel.
240 000 Franken lässt sich die Landeskirche ihr Engagement im Projekt «Palliative Care» in den nächsten zwei Jahren kosten. Die Synode setzte mit ihrer einstimmigen Zusage zum Projekt und zur Finanzierung der zweijährigen Pilotphase ein deutliches Zeichen, dass die Landeskirche im Bereich Palliative Care mit Seelsorge und der Begleitung schwer kranker und sterbender Menschen einen wesentlichen Beitrag leisten will.
Die Begleitung von Menschen in schwierigen Lebenszeiten sei zwar eine den Kirchen bis anhin fraglos zugestandene Kompetenz, sie werde aber in jüngster Zeit durch neue Formen von «weltanschaulich neutraler» Begleitung nicht nur konkurrenziert, sondern teilweise sogar in Frage gestellt, erklärte Kirchenrätin Myriam Heidelberger Kaufmann in ihrem Eingangsvotum. Dass Seelsorge ein Kernauftrag der Kirche ist, bestätigten auch einige Synodale in ihren Voten. Doris Lüscher, Uerkheim, brachte es auf den Punkt: «Das, was heute neudeutsch „Palliative Care“ genannt wird, meint zu einem wesentlichen Teil Seelsorge und Begleitung von kranken Menschen und wird schon seit 2000 Jahren von den christlichen Kirchen zentral und engagiert ausgeführt.» Da dies von der Gesellschaft zunehmend weniger wahrgenommen werde, müsse es offensichtlicher deutlicher gezeigt werden.
Zum Engagement in Palliative Care gehört einerseits, dass Sterbebegleitung in kirchlicher Tradition als zertifizierte Tätigkeit ausgewiesen wird, die modernen Ansprüchen an Professionalität entspricht und anerkannt ist. Andererseits soll eine Koordinationsstelle aufgebaut werden, die die ausgebildeten Freiwilligen betreut, die Nachhaltigkeit ihrer Ausbildung sichert und ihre Arbeit koordiniert. Die mit 40 Stellenprozenten dotierte Koordinationsstelle soll die Vernetzung mit anderen Dienstleistenden im Bereich Palliative Care herstellen und die Verbindung mit der Seelsorge in den Kirchgemeinden gewährleisten.
Neue Kirchenordnung mit einer formalen Hürde für Kirchenaustritte verabschiedet
Nachdem die Gesamtrevision der Kirchenordnung an der Synode am 28. April 2010 in Aarau in einem Tag vollständig beraten wurde, hat die Synode den gesamtrevidierten Text der 158 Paragraphen mit einigen kleinen sprachlichen Korrekturen einstimmig verabschiedet. Der Kirchenrat wird die neugefasste Kirchenordnung voraussichtlich am 1. Januar 2012 in Kraft setzen.
Nur ein Rückkommensantrag wurde von der Synode beraten: Franziska Zehnder beantragte im Auftrag der Kirchenpflege Kirchberg das im § 8 der Kirchenordnung vorgeschriebene Prozedere bei einem Kirchenaustritt anspruchsvoller zu fassen. Da viele Austrittsschreiben sehr formlos daherkommen, sollen Austritte neu nur dann gültig sein, wenn sie eingeschrieben mit der Post der Kirchgemeinde zugeschickt werden. Der Austritt wird dann mit dem Datum des Poststempels gültig. Die Synode stimmte dieser Klärung des Austrittsprozederes mit grosser Mehrzeit zu.
Kontrovers wurde lediglich über einen Antrag des Synodalen Hans-Peter Tschanz vom 28. April diskutiert, der den Katalog der «demokratischen Rechte» mit einem Referendumsbegehren für Kirchenpflegen, einem «Behördenreferendum», ergänzen wollte. 20 Kirchenpflegen sollten das Referendum gegen einen Synodeentscheid verlangen können. Der Kirchenrat und die vorberatende Arbeitsgruppe 3 lehnen diese Ergänzung ab, weil die neue Kirchenordnung bereits neue demokratische Instrumente wie die Initiative einführt und die nötigen Unterschriften für ein Referendum von 5000 auf 1500 reduziert habe. Die Synode folgte dem Kirchenrat mit grosser Mehrheit und lehnte den Antrag ab.
Reglement zum bereits beschlossenen Ökofonds verabschiedet
Am 10. Juni 2009 hatte die Synode in Menziken beschlossen, umweltschonende und nachhaltige Massnahmen zum Schutz der Schöpfung und des Klimas in den reformierten Kirchgemeinden im Kanton Aargau zu fördern und einen entsprechenden Fonds (Ökofonds) einzurichten. Das dazugehörende Reglement wurde nach der Rückweisung am 10. Juni 2009 mit dem Auftrag, die Finanzierung des Fonds konkreter zu fassen und seine Ziele stärker zu fokussieren, überarbeitet und der Synode neu vorgelegt. In der geänderten Form wurde es mit grossem Mehr angenommen.
Die wesentlichste Änderung im neuen Reglement gegenüber 2009 betrifft die Verwendung der Gelder des Fonds. Aus dem Ökofonds sollen nicht mehr bauliche Massnahmen mit Beiträgen direkt unterstützt werden sondern vor allem indirekte Massnahmen wie: Energietechnische Gebäudeanalysen, Konzepte zur ökologisch und ökonomisch sinnvollen Energieeinsparung, Begleitung bezüglich energetischer Fragen beim Planungs- und Bauprozess, Unterstützung bei der Finanzierung der Bauten. Kirchenrat Hans Rösch gestand ein, dass man «der ursprünglichen Idee des Fonds etwas die Zähne gezogen habe», aber diese Ziele berücksichtigten die finanziellen Möglichkeiten der Reformierten Landeskirche besser, die Fondsverwaltung würde einfacher und die Verteilung der Gelder gerechter. Die Synode folgte dieser Änderung diskussionslos.
Die aus drei Personen bestehende Fondsverwaltung führt eine Liste der anerkannten Energieberatungsstellen, um die Qualität der von der Landeskirche geförderten Energieberatungen zu sichern. Sie besteht aus einem Kirchenratsmitglied, einer Fachperson und einer «von der Synode gewählten Vertretung vorzugsweise mit Fachkenntnissen», wie auf Antrag der GPK das Reglement präzisiert wurde. Das neue Fondsreglement sieht vor, die jährlichen Einlagen auf maximal 50 000 Franken und die Höhe des Fonds auf 300 000 Franken zu limitieren. Im Fonds sind zurzeit 167 700 Franken und mit den geplanten Einlagen bis Ende 2011 bereits 267 000 Franken.
Budget 2011 mit Ertragsüberschuss
Die Synode nahm mit Freude zur Kenntnis, dass der Kirchenrat im Voranschlag 2011 für die Zentralkasse der Landeskirche mit einem Ertragsüberschuss von knapp 100 000 Franken rechnet. Sie korrigierte lediglich die für 2011 vorgesehene Reduktion des Beitrags an das Blaue Kreuz, das 2011 einen unverändert hohen Beitrag von 48 000 Franken erhalten soll. Der Überschuss sinkt damit 15 000 Franken. Bei einem gleich bleibenden Zentralkassenbeitrag der Kirchgemeinden von 2,4 Prozent sieht das Budget Ausgaben in Höhe von 11 933 700 Franken und Einnahmen in Höhe von 12 033 200 Franken vor. Die Ausgaben steigen um ca. 200 000 Franken oder ca. 1,6% gegenüber dem Budget 2010. Eine generelle Lohnerhöhung ist aufgrund der sehr geringen Teuerung nicht vorgesehen.
Wieder einmal gab der – deutlich erhöhte – Beitrag an den deutschschweizerischen Liturgie- und Gesangbuchverein zu reden, der schon seit Jahren eine CD zum neuen Kirchengesangbuch versprochen hat. Die Synode beschloss als Folge der Verzögerungen, dass der Aargauer Beitrag erst ausgezahlt werden solle, wenn die CD denn endlich tatsächlich erschienen ist.
Neues Dienstleistungszentrum Finanzen in Aarau
Die Synode stimmte dem Aufbau eines landeskirchlichen Dienstleistungszentrums für Administration und Finanzen zu, das den Landeskirchlichen Diensten in Aarau angegliedert wird, aber eine eigene Rechnung führt und eigenes Personal hat. Mit dem neuen Dienstleistungszentrum will der Kirchenrat vor allem Kirchgemeinden aber auch kirchliche oder kirchennahe Organisationen mit eigener Rechnungsführung mit administrativen Dienstleistungen unterstützen. Die Dienstleistungen sollen Kirchgemeinden von der Organisation administrativer Aufgaben entlasten und eine hohe Qualität dieser Dienstleistungen auch in kleineren Kirchgemeinden sicherstellen. Hans Peter Tschanz betonte im Namen der GPK, die die neue Dienstleistung befürwortet, dass die von den Landeskirchlichen Dienste erbrachten kostenlosen Beratungsleistungen dadurch nicht beeinträchtigt würden und dass das Dienstleistungszentrum personell selbstständig sein müsste.
Das Dienstleistungszentrum soll als Nonprofit-Organisation geführt werden, d.h. es muss keine Gewinne erwirtschaften. Es muss lediglich die Selbstkosten decken. Deshalb können günstige Dienstleistungen bei hoher Qualität angeboten werden. Auf die Dauer soll sich das Zentrum selbst finanzieren. Für die Anschubfinanzierung in den beiden Aufbaujahren 2012 und 2013 bewilligte die Synode je 62 000 Franken, die aus der der gut dotierten Gemeindeausgleichskasse finanziert werden.
Zur Zukunft des Tagungshauses Rügel
Ausserdem hat der Kirchenrat über die Zukunft des Tagungshauses Rügel, und die Vermietung des jetzigen Bürogebäudes der Landeskirche an der Augustin-Keller-Strasse nach dem Umzug in den Neubau im Stritengässli informiert. Das Bürogebäude wird ab Oktober 2011 an die Regionalstelle Aarau-Solothurn des Hilfswerks Evangelischer Kirchen Schweiz, HEKS, zu einem für das HEKS verträglichen Preis vermietet.
Kirchenratspräsidentin Claudia Bandixen berichtete von den Gesprächen, die zurzeit mit zwei Partnern im Blick auf einen möglichen gemeinsamen Betrieb des Tagungshauses Rügel mit neuer inhaltlicher Ausrichtung geführt werden. Auf der einen Seite ist der Kirchenrat mit dem Verein «Lernwerk Turgi für Arbeitsmarkt- und Berufsintegration» im Gespräch, das auf dem Rügel ein spezielles Projekt für arbeitslose Menschen realisieren möchte. Auf der anderen Seite möchte eine Organisation, die im Umfeld der Stiftung «SATIS – Wohnheime und Werkstätten» tätig ist, auf dem Rügel ein Integrationszentrum für Menschen planen, die Begleitung brauchen, und auf dem Rügel eine ruhige und erholsame Wohnsituation finden könnten.
Wahlen und Verabschiedungen
Die Synode hat vier Personen als Vertreterinnen und Vertreter der Arbeitgeber in den neuen Stiftungsrat der Pensionskasse der Reformierten Landeskirche gewählt. Die Neuwahl wurde durch die Umwandlung der Pensionskasse in eine Stiftung notwendig, die von dem neuen Organ Stiftungsrat geführt wird. Darin sind Vertretungen der Arbeitgeberinnen und der Arbeitnehmer paritätisch vertreten. Für die Arbeitgeber hat die Synode die bisherigen Mitglieder der Verwaltungskommission der Pensionskasse auch in den neuen Stiftungsrat gewählt: Roland Frauchiger, Kirchenpflegepräsident Thalheim, Kirchenrätin Myriam Heidelberger Kaufmann, Kirchenrat Hans Rösch und Hans Peter Schaub, bisher Präsident der Verwaltungskommission.
Zum Schluss der vergleichsweise kurzen Sitzung verabschiedete Synodepräsident Daniel Hehl den Präsidenten der Geschäftsprüfungskommission, Georg Gremlich, zwei Mitglieder des Synodebüros, Heidi Schnider und Fritz Schärer, die auf Ende der Amtsperiode zurücktreten und auch Philippe Woodtli, Leiter Theologie und Recht, der Ende 2010 als Geschäftsleiter zum Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund, SEK, geht. Schliesslich dankte er – in seiner letzten Sitzung als Synodepräsident – zum Abschluss der Amtsperiode allen Mitgliedern der Synode für die gute Zusammenarbeit.
Claudia Bandixen und Synode-Vizepräsidentin Silvia Kistler würdigten die Arbeit des jüngsten Synodepräsidenten in der Geschichte der Landeskirche, der eine der sitzungsreichsten Amtsperioden mit zwei ausserordentlichen Synoden zur Kirchenordnungsrevision und zum Büroneubau der Landeskirche souverän geleitet hat. Am Dienstag wurde er in die Geschäftsprüfungskommission des SEK gewählt.