Bericht der «Mitreden!»-Anlässe am 11. und 26. Januar 2023

Reformprozess der Reformierten Kirche Aargau nimmt Fahrt auf

Veröffentlicht am 30. Januar 2023

Medienmitteilung – Der Kirchenrat der Reformierten Landeskirche Aargau hat Anfang 2021 einen umfassenden Kirchenreformprozess angestossen. In einem partizipativen Verfahren haben sieben Arbeitsgruppen erste Thesen erarbeitet und im Januar einem breiten Publikum zur Diskussion vorgelegt. Bei diesen beiden «Mitreden!»-Anlässen am 11. und 26. Januar nahmen mehr als 230 Personen teil. Die Resultate dieser Diskussionen werden in das Gesamtkonzept des Kirchenrates einfliessen.

Kirchenreformprozess_Arbeitsgruppe
Claude Chautems, Arbeitsgruppe 6 - Digitalisierung, präsentiert die Thesen seiner Arbeitsgruppe zur Diskussion Marc Zöllner

«Mitreden!» bei der Kirchenreform der Reformierten Kirche Aargau

Kräftig mit anpacken und die Reformierte Kirche Aargau umbauen: mit dieser Absicht trafen sich etwa 100 Personen am 11. Januar in der Bauschule Oberentfelden. Aufbrechen in ein neues Land war das Motto des zweiten Treffens am 26. Januar, zu dem mehr als 130 Personen im Reisezentrum Windisch zusammenkamen.
An beiden Anlässen stellten die sieben themenspezifischen Arbeitsgruppen ihre Thesen zur Kirchenreform einem breiten Publikum zur Diskussion. Die Thesen wurden mit der Methode «World Café» in kleinen Gruppen diskutiert. Gedanken und Ideen wurden direkt auf Papiertischdecken notiert.
Die Zusammenfassung der Diskussionen am Ende der Abende zeigte, dass es viele Baustellen gibt, viele verschiedene Bedürfnisse, viele unterschiedliche Meinungen. Der inhaltliche und verbindende Kern müsse gefunden werden. Bedürfnisorientierter solle die Kirche werden – aber nicht allein basierend auf Angebot und Nachfrage, sondern zentral sei der Auftrag der Kirche, das Evangelium zu leben. Die diakonischen Tätigkeiten der Kirche sollen intensiviert und besser sichtbar gemacht werden. «Die Stärke der Kirche könnte sein, die Löcher zu füllen, wo andere Institutionen nicht mehr da sein können. Wir haben Zeit, wir schenken Zeit, ohne dass abgerechnet wird.», so die Zukunftsvision einer Gesprächsgruppe. Eine Entlastung sei dabei durch Zentralisierung und Digitalisierung von administrativen Aufgaben wünschenswert. Wichtig bleibe aber, dass Beziehungspflege vor Ort gelebt werde. Das Regelwerk solle verschlankt werden, damit die Gemeinden mehr Freiraum haben, Menschen vor Ort flexibler ihre Gaben einbringen können und auch um eine Vielfalt verschiedener Gottesdienstformen zu ermöglichen. «Weg von der langweiligen Kanzel und hin zur wilden Diskussion», lautete eine der Thesen. Eine weitere These forderte eine wertschätzende Gesprächskultur. Festgestellt wurde in der Diskussion, dass es nicht nur eine Gesprächskultur, sondern eine Streitkultur brauche. Wichtig sei dabei die Achtung vor den Menschen. «Wenn wir die Liebe nicht haben, dann ist egal, was wir sagen und wie wir es sagen, dann ist alles nichts. Punkt.», so das Fazit aus dieser Diskussionsrunde.
Mit den «Mitreden!»-Anlässen wurde schon ein grosser Schritt in diese Richtung gemacht: Trotz kontroverser Thesen und trotz unterschiedlicher Meinungen war die Stimmung in den Gesprächsgruppen, wie auch bei den Apéros offen, freundschaftlich und einander zugewandt. Sichtweisen wurden geteilt und Befindlichkeiten mitgeteilt. Das Ziel der Treffen, Begegnung und Dialog zu ermöglichen, wurde erreicht.

Der Prozess der Kirchenreform

Der Kirchenrat hat Anfang 2021 mit der «Kirchenreform 26/30» einen umfassenden Veränderungsprozess der Reformierten Kirche Aargau anstossen, der die Kirche fit machen soll für die Zukunft. Die beiden Zahlen 26 und 30 drücken das Ziel aus, dass die für die Reform notwendigen gesetzlichen Bestimmungen bis im Jahr 2026 von der Synode verabschiedet und bis 2030 umgesetzt sind. Der partizipative Prozess ist auf breite Beteiligung angelegt und startete im August 2021 mit sechs regionalen Veranstaltungen.
Der Kirchenrat hat mit der Gesamtleitung des Prozess Kirchenreform 26/30 ein dreiköpfiges Prozessleitungsteam beauftragt, welches den Gesamtprozess gestalten und überwachen soll. Eine neunköpfige Steuerungsgruppe ergänzt das Kernteam, berät in inhaltlichen Fragen und koordiniert die Arbeitsgruppen. Die inhaltliche Verantwortung verteilt sich auf die sieben themenspezifische Arbeitsgruppen, die aus je vier bis acht Personen bestehen.
Im März 2022 nahmen sieben Arbeitsgruppen ihre Arbeit auf, sammelten Material, führten Interviews und diskutierten die Themen und erarbeiteten so die Eckwerte für die Kirchenreform. Am 11. und am 26. Januar 2023 stellten die Arbeitsgruppen ihre Thesen erstmals einem breiten Publikum zur Diskussion. Die Resultate der Diskussionen werden nun von den Arbeitsgruppen zusammengefasst und dem Kirchenrat für seine Retraite im Mai 2023 vorgelegt, wo daraus ein Gesamtkonzept erstellt wird.
Am 21. September 2023 ist eine Online-Grosskonferenz geplant, an der das Gesamtkonzept des Kirchenrates präsentiert und der Öffentlichkeit zur Diskussion vorgelegt wird. Durch Impulsreferate und Austauschrunden in Breakout-Rooms können sich die Teilnehmenden informieren und auch selbst einbringen. Im März 2024 wird eine Gespächsynode Austausch und Diskussion zum Thema Kirchenreform ermöglichen, bevor die Synode in den Jahren 2025 und 2026 mit dem Vernehmlassungs- und Gesetzgebungsverfahren beginnt. Der Abschluss der «Debattierphase» und der Auftakt zur Gesetzgebungsphase soll im Herbst 2024 mit einem grossen Kirchenfest gefeiert werden, bei dem das bis dahin Erreichte öffentlich vorgestellt und gebührend gefeiert werden soll.