Medienmitteilung – Bettagsmandat 2018
In jeder Kirche wird im Gottesdienst mehrmals das Wort «Amen» an prominenter Stelle gesprochen. «Amen» bedeutet Zustimmung von ganzem Herzen: «Ja, genau: So ist es!», mehr noch: «So soll es sein». Für glaubende Menschen bedeutet es auch: «Gott hält, was er verspricht. Gott ist treu, auf ihn ist Verlass.»
«So sicher wie das ‘Amen’ in der Kirche» sind nicht viele Dinge in unserem Leben. Schon gar nicht einzelne Berichte, Tonaufzeichnungen oder Videos, die im Internet kursieren. Ganz im Gegenteil: Alles ist manipulierbar. Meinungen werden als Fakten ausgegeben und Fakten als blosse Meinungen verunglimpft. Unter dem Titel der Meinungsfreiheit werden oft Unwahrheiten verbreitet. Was ist Lüge, und was ist Wahrheit? Die Beantwortung dieser Frage ist im Zeitalter von Social Media und Internet nicht einfacher geworden.
Als Bürgerinnen und Bürger und als Mitglieder verschiedenster Gemeinschaften sind wir darauf angewiesen, dass Informationen, die wir zur Meinungsbildung brauchen, verlässlich sind. Nicht nur das, auch die Wertebasis einer Gemeinschaft von Menschen sollte grundsätzlich tragfähig sein. Man muss zwar nicht immer und zu allem «ja und amen» sagen können. Aber in einer Partnerschaft oder in einer Familie zum Beispiel sollten alle Beteiligten ungefähr die gleichen Vorstellungen eines gelingenden Zusammenlebens haben. Und auf das, was wir zueinander und übereinander sagen, sollte Verlass sein.
Das trifft auch auf unser Land, unseren Kanton, unsere Gemeinden und auf unsere Kirchen und Religionsgemeinschaften zu. Die Werte einer offenen und freiheitlichen Gesellschaft sind für uns grundlegend. Auf sie sollte Verlass sein. Sie sollten nicht als «Fake-News» oder als diskutierbare Meinungen abgetan werden. Zu diesen Werten gehört nicht zuletzt die Religionsfreiheit; also die freie Entscheidung, ob man zu einer Religionsgemeinschaft gehören will oder nicht. Da sind auch die Werte der Demokratie und des Rechtsstaats, der Schutz der Menschenwürde und der Menschenrechte: alle Menschen – unabhängig von Herkunft, Geschlecht, sexueller Orientierung, Hautfarbe, Alter, Religion – haben Anrecht auf den Schutz ihrer individuellen Rechte. Obwohl diese Werte durch Verfassung und Gesetze geschützt sind, sind sie alles andere als selbstverständlich. Und in einer Zeit, in der gar weltpolitische Entscheidungen wie persönliche Meinungsäusserungen schnellschnell über Twitter verbreitet werden, da wird unklar, worauf man sich noch verlassen kann. Wenn einzelne Menschen auf Social Media plötzlich am Pranger stehen, wenn Minderheiten unter Pauschalverdacht gestellt werden, wenn schutzsuchende Menschen auf wackligen Booten vor der Küste abgewiesen werden, dann sind die Werte, die unsere Gesellschaft zusammenhalten, in Gefahr. Der Eidgenössische Dank-, Buss- und Bettag gibt uns Gelegenheit, uns auf das zu besinnen, was in unserer vielfältigen Gesellschaft verlässlich sein und Zusammenhalt stiften soll.
Jesus mahnte seine Zuhörerinnen und Zuhörer in der Bergpredigt: «Euer Ja sei ein Ja, und euer Nein sei ein Nein». Verlässlichkeit fängt beim einzelnen Menschen an: Bei Menschen, die meinen und auch tun, was sie sagen.
Bei Menschen, die anderen Menschen die gleichen Werte zugestehen, die sie für sich selbst in Anspruch nehmen. Bei Menschen, auf deren Wort man zählen kann. Sie bilden eine tragfähige Gemeinschaft, in der zwar nicht jede und jeder zu allem «ja und amen» sagen muss. Aber eine Gemeinschaft, zu der sie sagen können «ja, so soll es sein» - selbst, wenn heute nichts mehr so sicher ist, «wie das ‘Amen‘ in der Kirche».
Der Regierungsrat und die Kirchenräte der Reformierten, Römisch-Katholischen und Christkatholischen Landeskirche im Aargau
Der Regierungsrat und die drei Landeskirchen des Kantons Aargau geben abwechselnd jedes Jahr zum Eidgenössischen Dank-, Buss- und Bettag einen Aufruf an die Aargauer Bevölkerung heraus. In diesem Jahr wird der Text des Bettagsmandats von den drei Aargauer Landeskirchen verantwortet.