Medienmitteilung – Muss an jedem Sonntag ein Gottesdienst stattfinden oder kann er auch an einem Werktag sein oder gar ausfallen? Kann eine Taufe wie eine Trauung ausserhalb des Gemeindegottesdienstes mit der Familie an einem Bach gefeiert werden? Über 60 Personen haben im Kirchgemeindehaus Lenzburg über die Zukunft von Gottesdienst, Taufe und Abendmahl die Vorschläge der kirchenrätlichen Arbeitsgruppe Gottesdienste besprochen. Änderungen sollen in der Kirchenordnung und in einem Rahmenkonzept münden.
Die geltenden Bestimmungen der Aargauer Kirchenordnung zu Gottesdiensten und Taufen passen nicht mehr in die heutige Zeit. Die Gottesdienstlandschaft ist vielfältiger geworden, so dass manche Vorschriften eher hinderlich sind. Eine kirchenrätliche Arbeitsgruppe möchte diese Bestimmungen ändern und diskutierte im Kirchgemeindehaus Lenzburg mit über 60 Personen ihre Ideen.
Kirchenrat Martin Keller, Mitglied der Arbeitsgruppe, wies in seiner Einleitung den Weg zu den Neuerungen: «Der Gottesdienst ist für die Menschen da und nicht die Menschen für den Gottesdienst. Der Gottesdienst soll Menschen mit Gott in Berührung bringen. Wie viele Regeln braucht es dazu? Es gibt ein Sprichwort, das besagt, wenn etwas beim Alten bleiben soll, darf es nicht beim Alten bleiben.»
Neue Freiheiten und Kompetenzen für die Kirchenpflegen
David Lentzsch, Fachstelle Gemeindeentwicklung der Landeskirche, präsentierte an dieser Tagung zum ersten Mal die Vorschläge der kirchenrätlichen Arbeitsgruppe: Der Grundsatz, dass an jedem Sonn- und Feiertag ein Gottesdienst stattfinden muss, soll im Prinzip bleiben, aber die Kirchenpflege soll neue Kompetenzen bzw. Möglichkeiten erhalten: Der Gottesdienst kann 12 Mal im Jahr nicht am Sonntag sondern an einem Werktag stattfinden, 3 Mal in besonderen Formen auch ohne Pfarrer oder Pfarrerin, und 6 Mal im Jahr kann ihn die Kirchenpflege mit einer Nachbargemeinde zusammenlegen. Das wären immerhin 21 von 52 Sonntagen, also fast die Hälfte, an denen die Kirchgemeinden nicht mehr der Regel folgen müssten.
Zum Abendmahl, das heute an mindestens an jedem Feiertag stattfinden muss, soll die Kirchenordnung nur noch festhalten, dass es mindestens sechs Mal im Jahr gefeiert werden muss. Die Kirchenpflege soll aber frei entscheiden können, an welchen Tagen.
Auch bei der Taufe will die Arbeitsgruppe den formellen Rahmen lockern: Taufen sollen im Rahmen eines speziellen Gottesdienstes mit der Tauffamilie und den Angehörigen und Freunden und nicht mehr nur im Gemeindegottesdienst stattfinden können.
Eine Revision der Kirchenordnung und ein Rahmenkonzept Gottesdienst
Jürg Hochuli, Bereichsleiter Gemeindedienste, erklärte das Ziel des ganzen Prozesses: Der Kirchenrat möchte noch in dieser Amtsperiode ein Rahmenkonzept für Gottesdienste erstellen, mit dem die Kirchgemeinden ihr Gottesdienstangebot, die Einförmigkeit oder Vielfalt, kritisch sichten und überprüfen können. Die Gemeinden sollen mit dem Gerüst die verschiedenen Formen, Termine und Orte im Jahresablauf bewusster entscheiden und planen.
Anschliessend wurden die Meinungen zu den drei Fragenkreisen Gottesdienst, Taufe und Abendmahl in vier Gesprächsgruppen ausgetauscht, ohne dass aber die Ergebnisse festgehalten wurden. Der Meinungsaustausch diente als Vorbereitung auf das anschliessende Ausfüllen eines individuellen Fragebogens zu den besprochen Themen. Zusätzlich schrieben viele Anwesende ihre Meinungen und Wünsche auf Flipcharts. Dort wurden vor allem die Mindestanzahl und die Termine der Abendmahlsfeiern diskutiert, während zum Beispiel die neue Freiheit bei den Taufen kein Thema war.
Das Ergebnis der Umfrage unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmer soll der Arbeitsgruppe und dem Kirchenrat bei der weiteren Arbeit an der Kirchenordnungsrevision und am Rahmenkonzept Gottesdienst wichtige Hinweise geben. Je nach Eindeutigkeit der Antworten kann sich zu einzelnen Fragen eine Vernehmlassung bei allen Kirchgemeinden zu den geplanten Änderungen der Kirchenordnung aufdrängen oder als nicht notwendig erweisen.