Die Gerechtigkeit wird kommen

Sylvia-Michel-Preis in Zug verliehen

Veröffentlicht am 26. April 2020

Ein festlicher Gottesdienst in der reformierten Kirche Zug am internationalen Frauentag am 8. März bot den Rahmen zur Verleihung des Sylvia-Michel-Preises an die Theologin und Juristin Cecilia Castillo Nanjari aus Chile. Den Preis verleiht die Vereinigung der Präsidentinnen und Vizepräsidentinnen der Reformierten Landeskirchen der Schweiz (PanKS) alle zwei Jahre zur Stärkung von Frauen in der Kirche.

Reformierte Kirche Zug

Sichtlich bewegt steht sie vor der Festgemeinde und beginnt zu singen.
Cecilia Castillo Nanjari aus Chile bedankt sich mit dem Lied «Gracias al
la vida, que me ha dado tanto / Danke für das Leben, das mir so viel
gegeben hat» für die Auszeichnung, die sie gerade erhalten hat – den
Sylvia-Michel-Preis. Zuvor hatte Josefina Hurtado von mission 21 die
Laudatio gehalten und die Aargauer Kirchenrätin Regula Wegmann die
Urkunde für den von der Reformierten Landeskirche Aargau gestifteten und
mit 5000 US-Dollar dotierten Preis überreicht.

Jahrelanges Engagement für Gerechtigkeit, Frieden und die Gleichstellung von Frauen

Für die Theologin und Juristin Cecilia Castillo Nanjari, der nach der
Scheidung das Pfarramt aberkannt wurde, sind dieser internationale Preis
und die öffentliche Anerkennung enorm wichtig. Sie ist sicher, dass er
in ihrem Land wahrgenommen und Wirkung erzielen wird. Mit dem Preis wird
ihr jahrelanges Engagement für Gerechtigkeit gewürdigt. Neben dem
Einsatz gegen häusliche Gewalt hat sie sich für die wirtschaftliche
Gleichstellung als grundlegendes Menschenrecht von Frauen eingesetzt.
Als Mitglied der Koordinationskommission für Lateinamerika und die
Karibik hat sie einen wesentlichen Beitrag zur kirchlichen
Friedensarbeit geleistet. Sie hat Strategien für Gerechtigkeit in
Wirtschafts- und Genderfragen erarbeitet, Bildungsprojekte für
Bauernbewegungen und für die indigene Bevölkerung entwickelt und
Netzwerke zur Förderung von Frauen in Peru, Bolivien, Costa Rica und
Chile aufgebaut. Auch in der öffentlichen Politik setzt sich Castillo
Nanjari für die Gleichberechtigung von Frauen ein. Im Grusswort dankte
Regula Wegmann im Namen der Reformierten Landeskirche Aargau der
Preisträgerin für ihr mutiges und starkes Engagement. Bis heute, so
Regula Wegmann, braucht es die Förderung von Frauen, müssen kulturelle
und strukturelle Bedingungen geschaffen werden, damit Frauen die
gleichen Chancen erhalten, ihre Gaben zu entwickeln und zu nutzen. Dazu
brauche es Vorbilder wie Sylvia Michel, die als erste Frau eine Kirche
in Europa leitete, und Cecilia Castillo Nanjari, sowie Projekte, wie die
von der Jury für den Sylvia-Michel-Preis ausgewählten.

Zahl der Frauen in kirchlichen Führungspositionen in der Schweiz zurückgegangen

Alle zwei Jahre verleiht die Jury den Preis an Frauen, die sich für die
Rechte von Frauen in der Kirche und die Förderung von Frauen in
Führungspositionen der Kirche einsetzen. Dieses Anliegen wird mit den
214 Kirchen der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen geteilt, bleibt
aber auch für die Schweiz wichtig, wo die Zahl der Frauen in kirchlichen
Führungspositionen in der jüngsten Vergangenheit zurückgegangen ist.

Die Preisverleihung in der reformierten Kirche in Zug war eingebettet in
einen festlichen Gottesdienst am internationalen Frauentag. Frauen aus
unterschiedlichen Zusammenhängen brachten das Ringen um
Gleichberechtigung von Frauen zur Sprache. Theologinnen und Frauen aus
Kirchenleitungen, Frauen, die selbst seit Jahren, in Kirchen und Gremien
tätig sind. Sie ermutigten zum Durchhalten, zu Mut und zur
Hartnäckigkeit, um Veränderungen herbeizuführen. In diesem Sinne
beendete die Theologin Monika Hirt ihre Rede mit den hoffnungsvollen
Worten: «Die Gerechtigkeit wird kommen. In der Zwischenzeit kämpfen wir
unerschrocken weiter!»

Kerstin Bonk