An der kürzesten Sitzung der letzten zehn Jahre genehmigte die Synode drei Traktanden und den ausgeglichenen Voranschlag der Landeskirche für das Jahr 2013, der den Zentralkassenbeitrag der Kirchgemeinden von 2,4% auf 2,3% reduziert. 146 Synodale stimmten am 7. November in Aarau der Verbesserung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen vor sexuellen Übergriffe, der Weiterentwicklung des Projekts «Palliative Care und Begleitung» und dem Ausbau der Fachstelle «Religion Technik Wirtschaft» zu.
Synodepräsidentin Silvia Kistler eröffnete die Sitzung im Grossratssaal mit einer Schweigeminute für den am 20. Oktober verstorbenen Synodalen Pfr. Jean-Pierre Vuilleumier. Nach der Inpflichtnahme von zwei neuen Synodalen, Thomas Sandmeier, Seengen, und Ruth Wieser-Scheurer, Auenstein, wurden die vier Traktanden so zügig beraten, dass die Synodesitzung noch vor dem Mittagessen abgeschlossen werden konnte.
Verbesserter Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexuellen Übergriffen
Am Anfang stand die Verstärkung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen vor sexuellen Übergriffen in der Arbeit der Kirchgemeinden. Kirchenrätin Regula Wegmann betonte, wie wichtig die Prävention und Aufklärungsarbeit in den Kirchgemeinden sei, «damit man Vorfälle in einem Konfirmanden- oder Ferienlager richtig einschätzen und angemessen vorgehen kann». Die Synode bewilligte fast einstimmig, dass die Reformierte Landeskirche
Aargau ab 2013 Mitglied im Verein «mira – Prävention sexueller Ausbeutung im Freizeitbereich» wird und dass der Kirchenrat eine Kooperationsvereinbarung mit «mira» über die Leistungen für Kirchgemeinden und Landeskirche für einen jährlichen Beitrag von 5000 Franken abschliessen soll. Der gemeinnützige Verein «mira» wurde 1998 unter der Federführung des Cevi gegründet. Er sensibilisiert Verantwortliche von Vereinen und Verbänden durch Referate, Drucksachen und Öffentlichkeitsarbeit für den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexuellen Übergriffen und Ausbeutung.
Projekt «Palliative Care und Begleitung» wird weiterentwickelt
Das Anfang 2011 gestartete Projekt «Palliative Care und Begleitung» wird 2013 mit 120 000 Franken und mit dem Ziel weiterentwickelt, das Projekt ab 2014 als «Kompetenzzentrum Palliative Care, Bildung und Begleitung» zu betreiben. Im Herbst 2013 berät die Synode dann definitiv über die Gründung eines Kompetenzzentrums, das ab 2016 in eine selbstständige Struktur und teilweise finanzielle Unabhängigkeit überführt werden kann.
Michael Ziegler von der Geschäftsprüfungskommission (GPK) befürwortete in einem mit sportlichen Metaphern angereicherten Votum die Verlängerung der Projektphase, die er als «Steilvorlage» für den Kirchenrat bezeichnete, der diese aber noch verwerten müsste. Kirchenrat Daniel Hehl zeigte sich bereit, die Steilvorlage zusammen mit allen Beteiligten aufzunehmen und erläuterte noch offene Fragen wie z.B. die geplante Finanzierung in den Jahren 2014 und 15. Nachdem auch weitere Synodale in der Diskussion betonten, dass die Begleitung von schwer kranken und sterbenden Menschen zum Kernauftrag der Kirche gehöre, wurde auch diese Vorlage fast einstimmig angenommen.
Pfr. Stefan Mayer, ein in der Supervision von Palliative Care tätiger Synodaler, und der Synodale Urs Jost, der die Ausbildung als Freiwilliger absolviert hat, lobten die hervorragende Leitung des Projekts und der Kurse durch die Projektleiterin Karin Tschanz. 2011 und 2012 wurden im Projekt «Palliative Care und Begleitung» 154 Personen in insgesamt acht Lehrgängen für Freiwillige und Berufsleute gemäss den Richtlinien von palliative.ch ausgebildet, zum Teil in Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz Aargau. Eine Koordinationsstelle organisiert die Lehrgänge, koordiniert die Einsätze der Begleitdienste in den Kirchgemeinden und nimmt Anfragen für Palliative-Care-Dienste entgegen. Die Ausbildung ist – wie der gesamte Bildungsbereich der Reformierten Landeskirche Aargau – seit Juni 2012 nach dem eduqua-Standard zertifiziert.
Fachstelle «Religion Technik Wirtschaft» auf dem Fachhochschul-Campus Brugg-Windisch wird mit neuem Namen ausgebaut
Seit 2007 führen die Reformierte und die Römisch-Katholische Landeskirche gemeinsam eine in der Schweiz einmalige kirchliche Stelle an einer
Fachhochschule. Die Arbeit der ökumenischen Fachstelle «Religion Technik Wirtschaft» auf dem Fachhochschul-Campus Brugg-Windisch wird sich aber durch den Zuzug der Pädagogischen Hochschule im September 2013 auf den Campus Brugg-Windisch stark verändern. Deshalb soll die Fachstelle auf 140 Stellenprozente ausgebaut werden und einen neuen Namen bekommen, der sich mehr auf den Standort und die Schule und nicht mehr auf die Fachbereiche bezieht.
Es war ein willkommener Zufall für den neuen Kirchenratspräsidenten Christoph Weber-Berg, dass er ausgerechnet die Vorlage zur Fachhochschule bei seinem ersten Votum in der Synode vertreten konnte. Als ehemaliger Dozent für Wirtschaftsethik an der Hochschule für Wirtschaft Zürich konnte er seine Begeisterung für die Präsenz der Kirche in dieser Bildungseinrichtung und damit in diesem wichtigen Lebensabschnitt junger Erwachsener der Synode so gut vermitteln, dass diese einstimmig die feste Einrichtung und den Ausbau dieser Arbeit bewilligte. Weber-Berg führte aus, dass ab 2013 die ca. 3000 Studierenden, Dozierenden und Mitarbeitenden auf dem Campus Brugg-Windisch einer mittelgrossen Kirchgemeinde entsprächen und dass die Kapazitäten der Fachstelle deshalb entsprechend einer Kirchgemeinde ausreichend dotiert sein müssten.
Die Fachstelle hat einen vierfachen Auftrag: Sie macht ECTS-berechtigte Lehrangebote für Studierende zu Themen aus Kultur, Geschichte und Ethik und kooperiert im Bereich Forschung mit anderen Fachbereichen. Sie bietet Seelsorge und Beratung an, die nicht nur von Studierenden, sondern auch von Dozierenden und Angestellten der Fachhochschule in Anspruch genommen wird, und gestaltet das geistliche Leben auf dem Campus mit spirituellen Angeboten im neuen Raum der Stille.
Voranschlag der Landeskirche für ein Jahr mit reduziertem Beitragssatz
Rundherum Freude und Zustimmung löste der Voranschlag 2013 der Zentralkasse der Landeskirche aus, weil der Kirchenrat den Zentralkassenbeitrag der Kirchgemeinden um 0,1 Punkte von 2,4% auf 2,3% senken kann. Trotzdem rechnet er bei einem Gesamtumfang von 11 410 900 Franken noch mit einem geringen Ertragsüberschuss von 13 800 Franken. Kirchenrat Hans Rösch erklärte erfreut, dass sich der Steuerertrag der Kirchgemeinden in den letzten Jahren viel positiver entwickelt hat, als man angenommen hatte. Schon ab 2014, so mahnten einhellig GPK, Kirchenrat und einzelne Synodale, müsse man aber eventuell wieder mit einer Erhöhung des Beitrags auf 2,4% rechnen.
In seinem ersten «Wort des Kirchenratspräsidenten» sprach Christoph Weber-Berg zum Schluss der Synodesitzung vier wichtige Punkte an, die der Kirchenrat in der nächsten Zeit angehen muss: 2017 feiern die Reformierten 500 Jahre Reformation
und müssen sich fragen, wie sich die Kirche ihrem Namen entsprechend heute noch «reformiert» und was «reformiert sein» den Menschen heute bedeutet. Der Kirchenrat wird die Erfahrungen der Kirchenpflegen mit dem vor bald 10 Jahren eingeführten Modell der «Partnerschaftlichen Gemeindeleitung» auswerten und die kritischen Punkte überprüfen. Personalentwicklung ist ein weiteres Thema: Wie werden neue Pfarrerinnen und Pfarrer bzw. Studierende für die Theologie gewonnen und wie können sie sich im Laufe ihres Berufslebens weiterentwickeln? Und schliesslich: «Für wen ist die Kirche da und wie? Gelingt es ihr, reformierten Glauben mit zielgruppengerechten Angeboten verständlich und erlebbar zu machen?»