Bericht von der Synode am 20. November in Aarau

Umstrittenes Budget und sechs parlamentarische Vorstösse

Veröffentlicht am 20. November 2019

Medienmitteilung – Am 20. November bewilligte die Synode der Reformierten Landeskirche Aargau im Grossratssaal in Aarau zwei Kredite und – nach intensiver Diskussion über die Aufstockung des Rechtsdienstes – auch das Budget 2020 der Landeskirche. Ausserdem befassten sich die 148 Synodalen mit ungewöhnlich vielen parlamentarischen Vorstössen und bearbeiteten zwei Interpellationen, auch zur «Ehe für alle», eine Motion und drei Postulate.

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Synode vom 20. November 2019 im Grossratssaal in Aarau: Das Synodebüro sammelt die Wahlzettel für die Wahl in die Synode der neuen Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz ein. Frank Worbs

Kredite für Heimgarten Aarau und neue Website diskussionslos genehmigt

Die ersten Finanzgeschäfte gingen an der Synode noch diskussionslos durch: Der Heimgarten Aarau, eine soziale Institution für Frauen mit psychischer Beeinträchtigung, muss umfassend renoviert werden. Für die Sanierung des Flachdachs, der Fassade und die zweite Etappe beim Ersatz der Fenster bewilligte die Synode einen Verpflichtungskredit von 300‘000 Franken. Auch die Kosten für die Erneuerung der Website der Reformierten Landeskirche, www.ref-ag.ch, wurden diskussionslos bewilligt – allerdings auf Antrag von Birgit Wintzer im Namen der Geschäftsprüfungskommission mit den 70‘000 Franken als «Kostendach», das nicht überschritten werden dürfe. Der Internetauftritt wurde im Dezember 2012 aufgeschaltet und muss nach sieben Jahren auch aus technischen Gründen neu aufgesetzt werden.

Aufstockung des Rechtsdienstes umstritten

Dann aber wurde doch noch über die Finanzen gestritten. Am meisten zu reden gab ein Posten im Budget 2020 der Zentralkasse der Landeskirche, der eine Erhöhung des Rechtsdienstes um 50 Stellenprozente für die nächsten fünf Jahre vorsah. Kirchenratspräsident Christoph Weber-Berg sprach in der Begründung von einem «Reformstau, weil viele Reglemente, unter anderen das Weiterbildungsreglement» revidiert werden müssten und der Rechtsdienst durch Kuratorien und Beschwerdeverfahren stark beansprucht werde. Kosten für externe Anwaltskanzleien seien bedeutend höher als eine Aufstockung der internen Ressourcen.
Viele Synodale waren mit der Aufstockung nicht einverstanden und forderten eine separate Synodevorlage mit einem Projektkredit an der nächsten Synode. Henry Sturcke beantragte sogar die Streichung der zusätzlichen 62‘000 Franken aus dem Budget. Nach fast einstündiger Debatte lehnte die Synode dann aber den Streichungsantrag ab und bewilligte den Budgetposten mit der Stellenerhöhung mit 71 gegen 55 Stimmen. Auch ein Zusatzantrag von Christine Seippel, dass der Kirchenrat im November 2020 über die Entwicklung der Stellenprozente in den Landeskirchlichen Diensten und seine Sparbemühungen Rechenschaft ablegen müsse, wurde abgelehnt. Marc Zöllner verwies darauf, dass die Synode nicht mehr über das Stellenvolumen der Landeskirchlichen Dienste zu entscheiden habe, aber in jedem Jahr wieder im Rahmen der der Budgetdiskussion Einfluss nehmen könne.
So bewilligte die Synode anschliessend ohne Änderungen und mit nur wenigen Gegenstimmen das Budget 2020 mit einem Aufwand von insgesamt 11‘788‘930 Franken und einem Fehlbetrag von 143'810 Franken. Das Budget basiert auf einem unveränderten Zentralkassenbeitrag der Kirchgemeinden von 2,3 Prozent.

Ausserdem hat die Synode Kirchenrat Gerhard Bütschi-Hassler, Schlossrued, als zusätzliches Mitglied neben den bisherigen Abgeordneten in die Synode der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz mit 136 Stimmen gewählt. Aufgrund der neuen Verfassung wird sich der bisherige Schweizerische Evangelische Kirchenbund, SEK, 2020 mit einer Synode anstelle der Abgeordnetenversammlung als «Kirche Schweiz» neu konstituieren.

Sechs parlamentarische Vorstösse auch zur Ehe für alle

Am Nachmittag musste sich die Synode mit einer ungewöhnlich hohen Zahl von sechs Vorstössen beschäftigen: Eine Motion, drei Postulate und zwei Interpellationen.
Mit Spannung wurde die Antwort des Kirchenrats auf eine Interpellation der Evangelischen Fraktion zur Stellungnahme des Kirchenrats vom 17. September für die zivilrechtliche Ehe für gleichgeschlechtliche Paare und auch für deren kirchliche Trauung erwartet. Andy Graber erläuterte die Interpellation, in der es nicht um das das Thema selbst sondern vor allem um das Vorgehen gehe. Er wollte wissen, warum der Kirchenrat nicht zuerst die Synode zu dem Thema angehört habe und wie Pfarrerinnen und Pfarrer unterstützt würden, die keine Trauung für gleichgeschlechtliche Paare durchführen möchten.

«weder bedroht noch benachteiligt»

Christoph Weber Berg wies auf verschiedene kirchliche Stellungnahmen zu dem Thema, auch vom SEK, im Vorfeld der Erklärung hin, sodass der Kirchenrat sich gut abgestützt eine Meinung habe bilden können. Und er betonte die Gewissensfreiheit der Pfarrerinnen und Pfarrer: «Wer homosexuelle Paare nicht trauen will, braucht keine Unterstützung, weil er in dieser Kirche weder bedroht noch benachteiligt wird.» Der Kirchenrat suche das Gespräch mit Personen, die anderer Meinung sind und sehe keinen Grund, dass diese Diskussion, wie es in der Interpellation heisst, «dazu neigt, die Kirche zu spalten.» Die Synode würdigte die Antwort mit dem einzigen Applaus des Tages und hielt eine weitere Diskussion an dieser Stelle für nicht nötig.

Ausserdem beantwortete Kirchenrat Martin Keller eine «Interpellation zur Gemeindeberatung und der Gemeindeentwicklung» von Lutz Fischer-Lamprecht, in der es um die «Kundenzufriedenheit» mit der Arbeit der Gemeindeberatung, um die Zahl der Anfragen und von wem sie kommen und um die rechtliche Verbindlichkeit der Antworten ging.

Verbandsartige Körperschaften für Kirchgemeinden gefordert

Eine Motion von Roland Frauchiger wurde gegen den Willen des Kirchenrats, der die Stossrichtung richtig aber die Motion zu eng gefasst fand, mit 73 gegen 61 Stimmen überwiesen. Die Motion fordert die Schaffung von rechtlichen Grundlagen für verbandsartige Körperschaften der Kirchgemeinden: «Sie sollen von einer oder mehreren Kirchgemeinden – allenfalls zusammen mit Dritten – begründet werden und Aufgaben des Gemeindelebens übernehmen und auch ordinierte Personen oder weitere Mitarbeitende anstellen können.»

Ein am Vortag eingereichtes Postulat der Fraktion Freies Christentum zur «Überprüfung und allfälligen Erweiterung von juristischen Formen der Zusammenarbeit zwischen Kirchgemeinden», das in ähnliche Richtung wie die Motion ging, aber offener formuliert war, wurde vom Kirchenrat ohne Diskussion entgegengenommen.

Zwei Postulate zu kirchlichen Ämtern und die «Perspektive 2030» des Kirchenrats

Schliesslich hat der Kirchenrat auch zwei Postulate von Henry Sturcke entgegengenommen, die die Mitgliedschaft in Kirchenpflegen und kirchlichen Behörden betreffen. Ein Postulat betrifft die Form des Rücktritts aus der Kirchenpflege und schlägt vor, dass «Rücktritten aus der Kirchpflege vom Kirchenrat zugestimmt werden müssten, bevor sie in Kraft treten,» damit Rücktritte nicht mehr mit sofortiger Wirkung erfolgen können, die im Extremfall dazu führen, dass eine Kirchenpflege nicht mehr beschluss- und handlungsunfähig wird.
In einem weiteren Postulat thematisiert Henry Sturcke die Auswirkung des Umzugs einer oder eines gewählten Ehrenamtlichen innerhalb einer Wahlperiode auf sein beziehungsweise ihr Amt: «Ein gewählter Ehrenamtlicher (Kirchenpflege, Synode) soll ihr/sein Mandat bis zum Ende der Wahlperiode behalten können, wenn der Umzug innerhalb des Kantons erfolgt.»

Zum Abschluss der Synode informierte Kirchenratspräsident Christoph Weber-Berg über die «Perspektive 2030» des Kirchenrats, zu der unter anderem Änderungen und neue Rahmenkonzepte für Gottesdienst und Diakonie sowie die Weiterentwicklung des Modells der Partnerschaftlichen Leitung der Kirchgemeinde gehören. Auch die «Freie Wahl der Kirchgemeinde», die die Synode im Grundsatz bereits im November 2007 beschlossen hat, soll mit einem einfacheren Modell umgesetzt werden, sobald die entsprechenden Möglichkeiten in der Steuersoftware des Kantons Aargau implementiert sind. Wenn es möglich wird, die Kirchensteuer direkt einer anderen Kirchgemeinde als der Wohnortsgemeinde zuzuweisen, wird der Kirchenrat einen entsprechenden Antrag der Synode vorlegen.

verfasst von
Informationsdienst / F. Worbs